Wuppertaler Kultur Was trennt das Private vom Öffentlichen?

Rolf Hengesbach zeigt in seiner Galerie neue Fotoarbeiten von Björn Siebert.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Björn Siebert ist ein Kurator der Wirklichkeit. Der Fotokünstler durchsucht das Internet nach Schnappschüssen, fischt sich Motive heraus, die für ihn eine bestimmte Zeit repräsentieren, und inszeniert sie akribisch nach — befragt sie auf ihren kulturellen Hintergrund und die Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse.

Rolf Hengesbach stellt den gebürtigen Hamburger zum dritten Mal in seiner Galerie aus — in guter Erinnerung ist noch Sieberts Foto aus der Gruppenausstellung „Magie des Entschwindens, für das er in dreimonatiger Arbeit das leergeräumte Atelier des britischen Malers Francis Bacon bis zum kleinsten Riss nachgebaut hatte. Heute hat es einen eigenen Raum im Leipziger Museum der bildenden Künste.

Die aktuelle Ausstellung nennt Siebert „The Things We Carry 1969 — 1971“. Er richtet seinen Blick auf die USA, die in dieser Zeit zwischen euphorischem Aufbruch in technisches Neuland (siehe Mondlandung) und bitteren Erfahrungen im Vietnam-Krieg schwanken. Frappierend wirkt der Werkblock mit 50 Postkarten, die alle 1969 abgestempelt wurden. Die Scans der farbigen Ansichten zeigen weder Krieg noch Fortschritt, sondern altmodische Gebäude in der Provinz. Die Texte auf der Rückseite drehen sich profan um Picknicks und frisch gepflanzte Geranien. Siebert versucht, Geschichte zu rekonstruieren — gerade über Zeitzeugen, die sich der historischen Dimension überhaupt nicht bewusst sind. Er lotet aus, wie sich das Verhältnis von Privatem und Öffentlichem ändert. Auch mit zwei Remakes einer Schwarzweiß-Fotografie, die der berühmte Fotograf Walker Evans von der Haustür seines ebenso berühmten Kollegen Robert Frank gemacht hat: Die Außenwelt existiert nur als greller Schein, im Innenraum nur dunkle Schemen von Gegenständen. Aber die ausgetretenen Dielen stehen immerhin für eine Verbindung.