Werbung Werbung für Selbstbefriedigung und Schönheits-OPs: Plakate sorgen für Wirbel in Wuppertal
Wuppertal · Zwei Plakate, die an der B7 für den „Orgasmus zum Mitnehmen“ und für Schönheitsoperationen werben, stoßen bei Kirche und Bürgern auf harsche Kritik.
Die blonde Frau trägt weiße, knappe Unterwäsche und lächelt. Sie ist das Aushängeschild eines plastischen Chirurgen, der in Düsseldorf und Wuppertal praktiziert. Ihr Plakat ist prominent an der B7, nahe der Schwebebahn-Station Kluse platziert. Auch Richtung Robert-Daum-Platz springt an der Bundesstraße eine überdimensionale Werbung ins Auge. „Orgasmus zum Mitnehmen!“ steht über einer Frau in Netzwäsche, die neben einem riesigen Vibrator posiert. Sie ist das Aushängeschild eines Wuppertaler Erotik-Shops mit Sex-Kino.
Zuständig für die Werbung in Wuppertal ist die Ströer AG. Sie hat mit der Stadt seit vielen Jahren einen „Gesamtvertrag für die Werbung im öffentlichen Raum geschlossen“, mit besonderen Auflagen: keine Diskriminierung, kein Rassismus, kein Sexismus. „Das Recht auf Meinungsfreiheit besteht und der Kunde ist für die Kreationen selbst verantwortlich. Wir dürfen aber diffamierende Werbung ablehnen“, erklärte ein Sprecher.
Bei Verstößen schreitet der Deutsche Werberat ein, der Verhaltensregeln gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen aufgestellt hat. „In dem Moment, wo eine Frau mit einem Objekt gleichgesetzt wird, sie nichts mit dem Werbegegenstand zu tun hat, können wir von Sexismus reden“, sagt Roswitha Bocklage, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Viele Bürger hätten sich bei der Gleichstellungsstelle bereits über den Chirurgen beschwert, der anfangs mit einer noch weniger bekleideten Dame geworben hätte. Häufig käme man mit Bürgern ins Gespräch. Themen: Wie macht man Werbung für eine Schönheitsoperation? Resultiert daraus nicht die Schlussfolgerung, dass Frauen sich operieren müssten? Wann beginnt eine Vermarktung der Sexualität? Bocklage empfiehlt Bürgern, die eine Werbung anstößig finden, sich an das Unternehmen zu wenden, an den Deutschen Werberat und an die Gleichstellungsstelle.
Fakt ist: Im öffentlichen Raum gibt es viel nackte Haut zu sehen. Doch wann ist es zu viel? Jüngste Debatten wie die in Düsseldorf machen deutlich, dass man von einer allgemeingültigen Definition noch weit entfernt ist. Die Stadt ließ Werbeplakate für die internationale Leichtathletik-Hallenmeisterschaft abhängen. Das in der Kritik stehende Motiv zeigte die Hallenweltmeisterin im Stabhochsprung, Sandi Morris, in Leichtathletik-Bekleidung, von hinten mit dem Spruch „Finale Oho!“.
Ein Sprecher des Erotikunternehmens, welches mit dem Vibrator „Womanizer“ wirbt, erklärte auf Anfrage unserer Zeitung: „Es ist das erste Mal, dass wir in Wuppertal und bundesweit auf diese Art und Weise Werbung machen.“ Inspiriert worden sei man von dem Online-Sexshop Amorelie und seiner Werbestrategie. „Wir zeigen einen Gegenstand ausschließlich zum Spaß der Frau.“
Meinungsfreiheit: Ja, Spaß: Ja. Doch in welcher Form, das fragt sich Pastoralreferent Werner Kleine von der Katholischen Citykirche. Er habe seinen Augen nicht getraut, als er an dem Orgasmus-Plakat vorbeigefahren sei. „Das ist eine Beleidigung von Menschen. Dass im Zeitalter der Me-too-Debatte, in der die Sensibilität gewachsen ist, Werbeleute mit solchen Reklamen optisch punkten wollen, wundert mich sehr. Wohin will die Gesellschaft? Das ist kulturelle Verarmung.“
Plakate hatten in den vergangenen Wochen immer wieder für Ärger aber auch Belustigung im Netz gesorgt.