Gesellschaft und Soziales Wie Menschen mit Behinderung in Wuppertal der Weg in den Beruf geebnet wird
Wuppertal · Inklusion – die Integration von Menschen mit Behinderungen – wird schon seit Jahren im Schulsystem umgesetzt.
Die Idee, gemeinsames Lernen für Menschen mit und ohne Handicap zu ermöglichen, ist längst Teil des Schulalltags, Integrationsassistenten und spezielle Unterrichts- und Förderkonzepte ermöglichen das. Ein Bruch entsteht aber häufig beim Übergang von der Schule ins Berufsleben.
Fehlende Informationen auf Seiten aller Beteiligten, der Schüler, Eltern aber auch potentieller Arbeitgeber, Berührungsängste und fehlende Konzepte für speziell auf Menschen mit Behinderung abgestimmte Ausbildungen führen dazu, dass der Übergang in den Beruf oft holprig und frustrierend ist, mitunter sogar misslingt.
In den Räumen der Industrie- und Handelskammer zu Wuppertal fand jetzt eine gleichermaßen unterhaltsame wie auch aufklärende Informations- und Kontaktveranstaltung statt, in der Vertreter aller betroffenen Seiten aus dem Alltag berichteten, die Netzwerkarbeit voranbrachten und Beratungs- und Kontaktmöglichkeiten ausloteten.
Herzlich und lebendig gleichermaßen moderierte Sophie Blasberg ein Podium, zu dem neben der Professorin Susanne Schwalen von der Ärztekammer Nordrhein-Westfalen auch Fachkraft David Bläser gehörte. David Bläser, der mit Trisomie 21 lebt, skizzierte seinen beruflichen Werdegang von Orientierungspraktika bis hin zu einer im Sommer erfolgreich bestandenen Abschlussprüfung, die ihn als Fachpraktiker ausweist.
Er gab den Anwesenden die Botschaft mit, Betroffene und Arbeitgeber mögen die Ausbildungsinhalte und die Zusammenarbeit von Menschen mit Behinderung ernst nehmen und sich auf den gemeinsamen Weg einlassen. „Das Leben ist kein Ponyhof“, zog er Bilanz aus seinen beruflichen Anstrengungen und der guten Begleitung seines Arbeitgebers. Die Moderatorin nahm die Metapher gerne auf und generalisierte sie für jede Form des menschlichen Miteinanders in beruflichem Kontext.
Donnernder Applaus brandete auf, als David Bläser auch noch als einer von denjenigen „geoutet“ wurde, der seine Ausbildungszeit wegen guter Ergebnisse verkürzen konnte, und zudem noch mit Bestnoten abschnitt. Am Beispiel seines Ausbildungserfolges, der auf Disziplin, Engagement und einer positiven Sicht aufs Leben basiert, forderte Susanne Schwalen mehrfach eine Reform von Ausbildungsordnungen mit reduzierten theoretischen Anforderungen.
Im Gegenzug müsse der Praxisbezug steigen. Das erfordere eine Neukonzeption von Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die aber von Handwerks- und Handelskammern bereits teilweise schon erarbeitet worden seien.
Unternehmen Mut machen, Rahmenbedingungen zu schaffen
Unternehmen wurde Mut gemacht, sich intensiv mit der Schaffung passender Rahmenbedingungen zu beschäftigen: Hilfestellung für Fördermöglichkeiten, die Entwicklung neuer Ausbildungsberufe und die intensive Begleitung aller Beteiligten seien vorhanden, würden aber zu wenig genutzt, so der Tenor der Gespräche auf dem Podium.
Claudia Roscher von der Stadt Wuppertal beschrieb ihre Erfahrungen mit einer Auszubildenden, die eine neurologische Erkrankung habe, als gegenseitig bereichernd: „Die für die Ausbildung zuständigen Kollegen haben sich intensiv mit dem Krankheitsbild auseinandergesetzt und dabei viel für sich selbst gelernt“, sagte Roscher. Sie betonte, dass die Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen keine Einbahnstraße ist, sondern dass alle Beteiligten davon profitierten. Ihre Botschaft ist, die Gesellschaft möge nicht immer auf diejenigen Dinge schauen, die in der Zusammenarbeit mit behinderten Menschen nicht funktionierten, sondern dorthin, wo etwas gut läuft. Fehler passierten schließlich überall.
Mitorganisator Oliver Francke, Teamleitung Regionalagentur Bergisches Städtedreieck der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH, analysierte die Situation von Menschen mit Behinderung und machte die Notwendigkeit, sich intensiv mit dem Übergang von der Schule in den Beruf junger Menschen mit Behinderung zu beschäftigen, deutlich: „Die Inklusion wird in den Einrichtungen praktiziert. Das bedeutet, dass immer mehr Jugendliche eine gute schulische Ausbildung haben. Für sie muss es dann auch berufliche Perspektiven geben“, begründet Francke die verstärkte Initiative, Jugendliche, deren Eltern und die Unternehmen miteinander in Kontakt zu bringen, und so auch ein Instrument zu bekommen, mit welchem dem Fachkräftemangel begegnet werden kann.