Begrabt mein Herz in Wuppertal Einmalhandschuhe für den Wolf
Wie Kolumnist Uwe Becker ein wildes Tier bändigte.
In den Wäldern Hessens ist der Wolf schon längst keine Seltenheit mehr. Die Schäfer der Region lassen ihre Schafherden von mazedonischen Herdenschutzhunden bewachen, die dafür bekannt sind, wenn sie erst mal einen Wolf zwischen ihren scharfen Zähnen haben, ihn nicht mehr loszulassen. Sie zerfleischen den Wolf bestialisch, da kann man, wenn man zart besaitet ist, kaum zugucken. Danach ist dem Wolf der Appetit auf Lammfleisch erst einmal vergangen.
Die Wachhunde selber essen nur in der Frei- oder Ruhezeit ein wenig vom bereits geschlachteten Schaf. Sie bekommen aber nur die Innereien, die leckeren Filets und Lammkoteletts sind uns Menschen vorenthalten, was ich natürlich begrüße, auch wenn ich momentan weniger Fleisch esse. Bei uns im Bergischen Land begegnet man dem Wolf zwar noch nicht so oft, allerdings habe ich auf meinen fast täglichen Spaziergängen des Öfteren welche gesehen. Die meisten Menschen haben schreckliche Angst vor Wölfen, auch, weil wir es verlernt haben, mit wilden Tieren zu leben. In unseren Nachbarländern lebt der Mensch schon immer mit gefährlichen Tieren zusammen, wir müssen das erst wieder lernen.
Der Wolf an sich greift nicht blindlings einen Menschen an, den er im Wald trifft, da müsste er schon sehr ausgehungert sein, so wie ich oft, seitdem ich bei meiner Ernährung auf Kohlenhydrate verzichte – dafür habe ich aber schon vier Kilo abgenommen, na ja, egal, das nur am Rande. Nein, der Wolf überfällt den Menschen nicht einfach so. Gut, wenn man aussieht wie ein junges Reh, dann sollte man vielleicht nicht alleine in den Wald gehen, oder besser nur bewaffnet. Aus Vorsicht empfehle ich dann lieber einen Spaziergang im wunderschönen Botanischen Garten, um bedrohlichen Begegnungen mit einem Wolf aus dem Weg zu gehen.
Sie werden es mir wahrscheinlich nicht glauben, aber kürzlich habe ich sogar einen Wolf gestreichelt, den ich im Stadtforst Burgholz antraf. Das prächtige, große Tier wartete sogar geduldig, weil ich mir aus Vorsicht zunächst Einweghandschuhe anziehen wollte. Wild lebende Tiere, wie Füchse und Wölfe, sind nämlich sehr häufig mit Tollwut infiziert. Sie verlieren die Scheu vor dem Menschen und greifen ihn mitunter an oder auch nicht. Den linken Handschuh hatte ich jedenfalls schnell angezogen, aber beim rechten hatte ich Probleme, so dass ich erst hineinblasen musste, bevor ich ihn mühelos über die Finger ziehen konnte. Das dauerte dem Wolf wohl zu lange. Ich pfiff ihn aber zurück, er kam dann auch wieder und ließ sich von mir tatsächlich streicheln. Er legte sich sogar auf den Rücken, um mir mitzuteilen: „Du kannst ruhig meinen Bauch kraulen, keine Angst, ich beiße dich nicht!“.
Aber, liebe Leute, auf keinen Fall nachmachen, das könnte auch mal gefährlich werden. Ich hatte vielleicht nur Glück, weil der Wolf gerochen hatte, dass ich oft mit einem Hund zusammen bin, und mich aus Erfahrung recht geschickt verhielt. Das ganze Szenario erinnerte mich an den Kinofilm „Der mit dem Wolf tanzt“ – Uwe Becker, der Kevin Costner von Unterbarmen, hahaha!
Mir fällt gerade ein, dass ich vor vielen Jahren mal einen VHS-Kurs mit dem Titel „Wir fangen einen Wolf mit bloßen Händen“ besuchte, den der Künstler RME Streuf geleitet hatte. Wir überlegten zehn Abende bei Bier und Salzstangen, wie und wo wir einen Wolf treffen könnten, kamen aber zu keinem Ergebnis. Übrigens, die beiden sibirischen Wölfe, die in unserm Zoo lebten, sind nicht mehr da. Bei meinem letzten Besuch habe ich sie schmerzhaft vermisst. Es könnte ja sein, dass unser Oberbürgermeister Andreas Mucke als Rotkäppchen verkleidet die beiden Wölfe im Anna-Wäldchen ausgesetzt hat, um dort die Jugendlichen und Drogenabhängigen zu verscheuchen, die ihren Müll dort hinterlassen. Mucke hat dazu zweifellos das schauspielerische Talent.
Wie weit die Angst vor dem Wolf schon auf Stadtmenschen übergegriffen hat, erlebten wir erst kürzlich auf der Friedrich-Ebert-Straße. Als meine Frau plötzlich ganz laut „Hallo Wolf!“ rief, liefen zwei Erwachsene panisch über die Straße, wurden fast von einem Auto angefahren, und ein kleiner Junge weinte herzergreifend in den Armen seiner Mutter. Dabei wollte meine Frau nur ihren alten Zeichenprofessor Wolf Erlbruch grüßen, den sie auf der anderen Straßenseite erblickt hatte.