Wir und Gandhi — vom erfolgreichen Fasten

Die WZ-Redaktion zieht ihr Fazit nach 40 Tagen Zuckerverzicht.

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Nur 21 Tage hat Mahatma Gandhi 1924 gefastet. Die Wuppertaler WZ-Redaktion hat an Ostern die 40 vollgemacht. Nun gab es einen feinen Unterschied: Gandhi nahm bei seinem politischen Fasten nur Wasser und Salz zu sich, wir hier in der Redaktion haben lediglich auf Zucker verzichtet. Zur Erfrischung hatte Gandhi einen nassen Schwamm, wir haben Cola light getrunken.

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Nun ja — auf den Verzicht kommt es an. Und der ist immer in Relation zu dem Verzichtenden zu setzen. So kannte der berühmte Hindu weder glasierte Donuts noch Lavakuchen mit flüssigem Schokoladenkern. Da fällt das Fasten pauschal leichter. Wir hier in der Redaktion hatten die Eindrücke hingegen immer im Hinterkopf: das Knistern der Goldbären-Tüte, das Glänzen des Schokokusses, die Eruption des Lavakuchens.

Wir haben aber gemerkt: Das Fasten ist nicht nur eine Kopfsache. Auch der Körper hat sich an die Zuckerzufuhr zu bestimmten Zeiten gewöhnt. Wie bereits erwähnt, hatte sich in unseren Räumen der Nachmittagskuchen etabliert. Nun in der Fastenzeit gab’s an dem Platz, der einst mit Krümeln der verführerischsten Backwerke gesäumt war, gesunde Alternativen: Möhrchen, Smoothies, Feigen. Ein paar Kiwis lagen so lange in der Sonne, bis sie von den getrockneten Feigen nicht mehr zu unterscheiden waren.

Doch irgendwann meldete sich der Körper zur Kuchenzeit. Ein leichtes Zittern, vielleicht auch Gereiztheit setzte ein. Symptome, die sich nicht mit Sellerie bekämpfen lassen. Eine Kollegin durchsuchte regelmäßig nervös ihre Schubladen nach etwas Süßem. Wohlwissend, dass sie nur ihre gesunden Riegel aus dem Bio-Regal („Pferdefutter“) dort finden würde. Manchmal las sie sich die köstlichen Zutaten laut vor und verschenkte den Riegel, dessen wahren Geschmack sie noch zu gut auf der Zunge hatte, der Kollegin.

Das war eine erschreckende Erkenntnis: Zucker macht wirklich abhängig. Und nur mit großen Mühen gibt es ein echtes „ohne Zucker“. Überall lauert der Feind in versteckter Form, etwa der Glukosesirup. Und viele Süßstoffe sind keine gesunde Alternative, sondern stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.

Stellen wir unsere Essgewohnheit nach dem Fasten-Erlebnis um? Wohl nicht. Aber wir haben den Wert des Verzichts kennengelernt. Im ganz Kleinen.

Gandhi brach sein Fasten mit Traubensaft und einer Orange. Wir werden wohl einen Gang höher schalten und dem Bäcker unseres Vertrauens nach dem saftigsten Kuchen in der Auslage fragen. Aber vielleicht ist dann auch wieder gut. Wer weiß, möglicherweise steuern wir bald ein anderes, ein realistischeres Ziel an. Gemäßigter Konsum statt blanker Verzicht. Das könnte klappen.