IG Metall: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“
Warnstreik und Lohnforderungen bei Schaeffler stellen laut Gewerkschaft keinen Widerspruch zur Standortdebatte dar.
Wuppertal. Knut Giesler von der IG Metall überlegt: "800 oder 900 von Schaeffler, außerdem neun volle Reisebusse aus anderen Betrieben." Acht Prozent mehr Lohn fordern die Metaller. Bei der Großkundgebung in der vergangenen Woche stehen sie geschlossen vor dem Werkstor der ehemaligen FAG Kugelfischer. Gerhard Scheibel erinnert an einen weiteren Aktivposten: "86 Rentner sind mit dabei. Schließlich geht es auch um unsere Renten."
Scheibel hat allein fast neun Jahre bei Kugelfischer gearbeitet. Als ehemaliger Betriebsrat kann und darf er aus dem Nähkästchen plaudern, gibt aber zu bedenken, dass Schaeffler, die neue Führung also, eine andere Philosophie verfolge als sein ehemaliger Arbeitgeber FAG.
Der sei jedenfalls immer fair gewesen. Die andere Philosophie sah im Sommer bedrohlich aus, war doch ein Standortwechsel nach Rumänien im Gespräch. Die Arbeitnehmer kamen schließlich der Firmenspitze entgegen, um den Standort Wuppertal zu sichern. Das, so Bernd Lange von IG Metall, sei langfristig auch der sinnvolle Weg gewesen.
Scheibel meldet dazu seine Zweifel an: "Das Vorgehen der Firma ist doch gang und gäbe. Die Betriebsräte lassen sich erpressen. Wir haben hier auf dem Gelände eine Großlagerfertigung, die kann man nicht einfach verlagern." Dann erinnert er an die Errungenschaften der alten Streiter: "Sechs Wochen Urlaub, sechs Wochen Lohnfortzahlung und die 35-Stunden-Woche - das alles haben wir damals durchgesetzt."
Vor dem Hintergrund ist der Kompromiss aus dem Sommer bitter: Schrittweise wird bei Schaeffler die Arbeitszeit auf 40 Stunden erhöht. Im Gegenzug garantierte die Firma, bis 2016 in Wuppertal zu bleiben. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", antwortet Mitarbeiter Michael S. auf die Frage, ob er nicht trotzdem befürchte, dass Schaeffler die Produktion beizeiten und unter neuen Gesichtspunkten verlagern werde.
Ein gesundes Misstrauen bleibt, und eben daraus erklärt sich, dass die Belegschaft zwar durch mehr Arbeitszeit zur Standortsicherung beitragen will, nun aber mehr Lohn fordert. "Die Zeit des Verzichtens ist vorbei", sagt Michael S. "Der Arbeitgeber verdient doch gut."
Für Gewerkschafter Giesler besteht kein Widerspruch zwischen dem Entgegenkommen im Sommer und der aktuellen Lohnforderung. "Wir möchten, dass Rumänien für Schaeffler unattraktiv wird. Das Land hat die höchste Lohnkostensteigerung in Europa.
Die Standortsicherung bis 2016 bedeutet also letztlich eine Garantie über dieses Datum hinaus." Investitionen in Höhe von 40 Millionen Euro seien beispielhaft in Wuppertal. Auch bezüglich der Leiharbeiter sei Schaeffler ein guter Verhandlungspartner, würden doch alle tarifgerecht bezahlt, gebe es zudem Übernahmen.
Obendrein seien 1500 Beschäftigte bis 2016 festgeschrieben, was in diesem Jahr bereits zu etwa 80 Neueinstellungen geführt habe.