Cross-Border-Leasing: AWG soll aussteigen
Geschäftsführung soll preiswerte Möglichkeiten prüfen. Müssen sich die US-Investoren ohnehin zurückziehen?
Wuppertal. Der Aufsichtsrat der Wuppertaler Abfallwirtschafts Gesellschaft (AWG) hat am Donnerstag die Reißleine gezogen und nach Recherchen der WZ der Geschäftsführung den Auftrag erteilt, dass umstrittene Cross-Border-Leasing-Geschäft mit den US-Investoren zu beenden. Wie die WZ mehrfach berichtete, wurde das Müllheizkraftwerk für etwa 420 Millionen Euro an die US-Partner verkauft und dann zurückgeleast.
Eigentlich läuft dieses Leasing-Geschäft bis zum 2023 - der Finanzausschuss hat der AWG in seiner jüngsten Sitzung jedoch freie Hand gegeben, das Geschäft früher zu beenden, wenn das nicht zu millionenschweren Forderung der US-Investoren führt.
Alternativ zu einem Ausstieg schien es bisher auch möglich, das Geschäft weiter laufen zu lassen und sich lediglich eine neue Versicherungsgruppe für die angeschlagene AIG zu suchen. Dies würde die AWG etwa 3,2 Millionen Euro kosten. So zumindest wurden die Ausschussmitglieder noch am Dienstag informiert.
Es gibt offenbar jedoch neue Entwicklungen. So schreibt die Zeitung taz, dass die US-Investoren von der US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) gezwungen werden, ihre Verträge mit deutschen Kommunen zu beenden - und zwar bis zum 31, Dezember 2008. Anderenfalls würden die Verträge zwangsaufgehoben. Grundlage sei das in der WZ bereits zitierte Urteil vom Bezirksgericht des Northern District of Ohio vom 28. Mai.
Pikanterweise hatte die Briefkastenfirma AWG-Trust, den die Wuppertaler US-Partner gegründet hatten, gegen die USA geklagt - und verloren. Die Investoren wollten alleine für die Jahre 1999 bis 2003 zirka 90 Millionen Dollar Steuervorteile. Das hat sich wohl endgültig erledigt.
Die Richter hatten festgestellt, dass der Eigentümerwechsel nur vorgetäuscht ist. Die Konsequenzen trägt nun nicht nur die Stadt Wuppertal. Von 100 angeschrieben US-Investoren hätten 80 Prozent einem Vergleich mit der IRS zugestimmt - das würde viele Städte in Deutschland betreffen.
Wie geht’s aber in Wuppertal weiter, zumal diese Entwicklung ja auch die Stadt Wuppertal und das verleaste Kanalnetz betreffen könnten? Klaus Jürgen Reese, Aufsichtsratsvorsitzender der AWG, bestätigte gestern, dass der Aufsichtsrat den Ausstieg beschlossen habe. Laut Reese habe dies den Vorteil, dass weitere Risiken ausgeschlossen seien.
Von einem Urteil oder gar dem zwangsweisen Rückzug der US-Investoren wusste Reese nach eigener Aussage nichts. AWG-Geschäftsführer Wolfgang Herkenberg erklärte gestern Abend, dass die Nachrichten der taz falsch seien, eine Zwangsaufhebung der Verträge in den Staaten stehe nicht zur Diskussion.
Die Opposition indes schäumt. "Ich fühle mich von der Verwaltung getäuscht, das ist ein Skandal", sagte Grünen-Fraktionssprecher Peter Vorsteher gestern der WZ. Vorsteher erklärte, dass auch während der nichtöffentlichen Sitzung des Finanzausschusses kein Wort über die Klage gefallen sei.
Herkenberg erklärte gestern, dass bei einem Ausstieg aus dem Geschäft von der AWG etwa 4,9 Millionen Euro an die US-Investoren überwiesen werden müssten. Das wäre dann erheblich weniger als der Barwertvorteil von 18,8 Millionen, den die AWG vor zehn Jahren kassiert hat. "Diese Belastung haben keine Auswirkungen auf die Müllgebühren in Wuppertal", versprach Herkenberg.