Soziales Wohnungssuche in Wuppertal: „Offenbar sind Großfamilien unerwünscht“

Cornelia Nowotny musste feststellen, wie schwer es ist, mit fünf Kindern eine Wohnung zu finden.

Foto: Andreas Fischer

Wichlinghausen. In Wichlinghausen-Süd stehen acht Prozent der Wohnungen leer. Das besagt die Statistik der Stadt. Also müsste es theoretisch jede Menge Platz für Familien geben. Doch die Praxis sieht anders aus. Denn bezahlbarer Wohnraum für Großfamilien ist im Wuppertaler Osten knapp. Das musste auch Familie Nowotny feststellen, die Unterstützung im Projekt „75 Familien Plus“ gefunden hat.

Ständig hätte es Probleme im Haus gegeben, erzählt Cornelia Nowotny. Deshalb wollten sie, ihr Mann Siegfried und die fünf gemeinsamen Kinder in eine andere Wohnung ziehen.

„Wegen Kindergarten und Schulen wollen wir aber nicht aus Wichlinghausen-Süd weg“, erzählt die 31-Jährige. „Außerdem gibt es hier eine gute Infrastruktur. Mit dem Bus ist man ganz schnell überall.“ Doch die Suche nach einer neuen Bleibe gestaltete sich äußerst schwierig. Entweder waren die Wohnungen zu klein, zu teuer oder der Vermieter wünschte keine Kinder im Haus.

Als sie vom Projekt „75 Familien Plus“ hörten, suchten die Eheleute Nowotny dort Rat. Im Projekt können sich Familien aus Wichlinghausen-Süd melden, die Unterstützung benötigen und Leistungen vom Jobcenter beziehen. Im September sind die ersten Familien vom Projekt aufgenommen worden. Fünf sogenannte Coaches kümmern sich darum, Lösungen für die vielfältigen Problemstellungen der Ratsuchenden zu finden. Doch bei der Suche nach geeignetem Wohnraum für Großfamilien stoßen auch die Coaches an ihre Grenzen. „Es gibt keine Möglichkeit, an Eigentümerkontakte zu kommen, und offenbar Vorurteile gegenüber Großfamilien als Mieter“, sagt Nuria Escribano Asenjo von „75 Familien Plus“. Bis zu zehn Familien im Projekt — alle mit mindestens drei Kindern — würden gern umziehen, fänden aber keine Wohnung. „Wir können bis zu 140 Quadratmeter anmieten, wenn der Preis stimmt“, bestätigt Cornelia Nowotny. 4,87 Euro darf die Grundmiete pro Quadratmeter kosten. „Da ist es schwer, etwas zu finden“, sagt die fünffache Mutter. Dabei wünscht sie sich für ihre Kinder eigene Zimmer und einen Balkon. „Bislang teilen sich unsere Jungen ein Zimmer und die Mädchen auch. Wir schlafen mit dem Baby in einem Zimmer und es gibt noch ein Wohnzimmer.“ Das gehe, sei aber nicht optimal. Da der elfjährige Sohn über eine leichte geistige Behinderung verfüge, benötige er einen Rückzugsraum — den er in der Wohnung nicht habe.

In der wird Familie Nowotny nun trotzdem bleiben. Denn durch einen Vermieterwechsel haben sich die Rahmenbedingungen verbessert, und der Umzug drängt nicht mehr ganz so. Der Schock über die vielen Absagen sitzt bei Cornelia Nowotny aber tief, denn was hätte sie gemacht, hätten sie ausziehen müssen? Hätten sie und ihre Familie dann im neuen Jahr ohne Herberge auf der Straße gestanden? „Offenbar sind Großfamilien hier nicht erwünscht“, sagt die Wuppertalerin.

Dabei gibt es in Wichlinghausen-Süd 92 Familien mit vielen Kindern. 56 mit vier, 18 mit fünf, neun mit sechs, sieben mit acht und zwei Familien mit neun Kindern, so haben die Statistiker 2016 gezählt. Inzwischen können es auch mehr sein. Familie Nowotny hatte Glück, aber für andere Familien in Wichlinghausen und Oberbarmen ist die Wohnraum-Situation weiterhin angespannt. Red