Gespräch Burkhardt Pfläging hat das Wohlergehen der Musiker im Blick

Wuppertal · Burkhardt Pfläging, Geschäftsführer des Sinfonieorchesters, war beim dritten Ohrenöffner zu Gast.

 Drittes Ohrenöffner-Gespräch:  Björn Woll (r) interviewt  den Geschäftsführer des Sinfonieorchesters Wuppertal, Burkhardt Pfläging. 

Drittes Ohrenöffner-Gespräch:  Björn Woll (r) interviewt  den Geschäftsführer des Sinfonieorchesters Wuppertal, Burkhardt Pfläging. 

Foto: Fischer, Andreas H503840

Was tun, wenn ein gefeierter Geigensolist einen Tag vor dem Konzert mit dem Sinfonieorchester Wuppertal erkrankt und dringend ersetzt werden muss? Der Mann, der dieses Problem vor einigen Jahren lösen musste, heißt Burkhardt Pfläging und arbeitet in Wuppertal als Orchestergeschäftsführer.

Pfläging besorgte Medikamente für den kranken Salvatore Accardo und telefonierte so lange herum, bis er mit Pavel Berman einen erstklassigen Ersatz-Violinisten gefunden hatte. Der musste allerdings aus Italien eingeflogen werden. Ein Erdbeben führte dazu, dass Berman erst zwei Stunden vor Konzertbeginn in Frankfurt landen konnte. Am Ende aber trat er – mit kleiner Verspätung – in der Stadthalle auf.

Die große Zitterpartie gab Pfläging beim dritten „Ohrenöffner“-Gespräch mit Björn Woll als Anekdote zum Besten. Das Publikum in der voll besetzten Citykirche lachte herzlich mit. Zum Glück ist die Arbeit des Orchestergeschäftsführers nicht immer so aufregend. Gemeinsam mit dem Orchestermanager erstellt er Dienstpläne und Besetzungslisten, beschafft Sonderinstrumente und begleitet die Musiker auf ihren Tourneen.

Was Pfläging immer braucht, sind starke Nerven. Er bewundere die „extreme musikalische Begabung“ der mehr als 90 Orchestermitglieder, ihre Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit. Aber: „Sie haben eine musikalische Ausbildung, keine diplomatische.“ Umso mehr ist dann das Fingerspitzengefühl des Geschäftsführers gefragt, der ursprünglich Tiermedizin studieren wollte.

In heiklen Situationen
gilt  es, gut abzuwägen

So gern Pfläging Musikern entgegenkommt, die entscheidende Frage ist: „Was ist fürs Orchester gut?“ Darum müsse er in heiklen Situationen – etwa bei einem Trauerfall in der Familie – abwägen. Kann Musikerin oder Musiker in dieser Situation überhaupt noch spielen? Oder wäre es gegenüber den Kollegen nicht zu verantworten, ihn oder sie zu beurlauben?

Der Stoff, aus dem Pfläging seine Anekdoten machte, wog weniger schwer. Jedenfalls nicht im Rückblick. Einen „Husarenritt“ musste er bei einem Orchester-Gastspiel in Mailand hinlegen. Eine Oboistin hatte das kleine, aber entscheidende Verbindungsstück zwischen Instrument und Mundstück zu Hause gelassen. Also lieh sich Pfläging bei der Mailänder Scala eine Oboe aus. Genauer: ein kostbares Exemplar mit einem Verbindungsstück aus Gold. „So ein Vertrauen, das ist unglaublich!“ Danach ließ er die Pointe folgen: Die Ausleihe wäre nicht nötig gewesen. Die Oboistin hatte sich in der Zwischenzeit ein Verbindungsstück gebastelt – aus einem Strohhalm.

Angesichts solcher Aktionen lag für Woll die abschließende Frage nahe: „Wo findest du Ruhe und Entspannung?“ „Ich bin Schäfer“, antwortete Pfläging. Ein voller Lacherfolg. Tatsächlich züchten seine Frau und er seit Jahren eine seltene Schafrasse. Menschenführung und Herdenführung seien nicht weit voneinander entfernt, sagte Pfläging ernst: Es gehe um das Wohlergehen von Musikern und Schafen.