Interview Wuppertal: Carsten Gerhardt erklärt, wie die Bundesgartenschau zur „Circular Buga“ werden kann

Wuppertal · „Weil wir überzeugt sind, dass Wuppertal im Kommen ist“

Wuppertal ist Gastgeber der Bundesgartenschau 2031. Es sind nur noch acht Jahre bis zur Eröffnung. Aber wirklich sichtbar haben die Vorbereitungen auf das Großereignis noch nicht Fahrt aufgenommen, zu dem mehr als eine Million Besucher erwartet wird. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt Carsten Gerhardt, was in nächster Zeit geschehen sollte, damit die Buga ein Erfolg werden kann. Gerhardt ist Mitbegründer der Wuppertalbewegung, Macher der Nordbahntrasse und Initiator von Circular Valley, das die Region zum Zentrum einer ökologischen Kreislaufwirtschaft machen will.

Warum engagiert sich die Wuppertalbewegung für die Bundesgartenschau 2031?

Carsten Gerhardt: Per se wünschen wir uns alle Aktivitäten, die dazu dienen, Menschen von außen in die Stadt zu holen und ihnen Wuppertal zu zeigen. Die Bundesgartenschau ist natürlich eine Möglichkeit, auch externe Gäste herzuholen.

Mit dem Ziel?

Gerhardt: Mit dem Ziel zu zeigen, welche Besonderheiten Wuppertal hat als grundsätzlich sehr grüne Stadt, von der wir überzeugt sind, dass sie absolut im Kommen ist.

Aber die Wuppertalbewegung hat ihre Unterstützung an eine Bedingung geknüpft.

Gerhardt: Unsere Bitte ist vor einem Jahr gewesen, diese Buga nicht als Blümchenschau zu machen, sondern dem Ganzen noch einen weiteren Sinn zu geben.

Den Sie worin sehen?

Gerhardt: In der Zirkularität. Deshalb taucht jetzt auch in der neuen Machbarkeitsstudie im Vorwort viermal das Wort „zirkulär“ auf. Es heißt jetzt Circular Buga. Circular Valley wird genannt.

Und da sind Sie als Motor des Circular Valleys mit der Wuppertalbewegung als Partner gewissermaßen mit im Buga-Boot.

Gerhardt: Die Wuppertalbewegung wird im Vorwort der Studie auch genannt, da wird auf das bürgerschaftliche Engagement verwiesen, das auch zu sehen sein soll. Wir finden es gut, wenn das große Thema der Bioökonomie, die ein zentraler Pfeiler der Kreislaufwirtschaft ist, bei einer Buga auch bespielt wird.

Wie kann das geschehen?

Gerhardt: In dem dort nicht nur Blümchen stehen, sondern regenerative Ausgangsstoffe, also Öl- und Faserpflanzen und man sieht, was man daraus alles machen kann. Eine Pflanze hat neben ihrer Frucht noch viele Komponenten, die man weiterverwerten kann in der Industrie.

Damit wären wir auch bei Circular Valley, das noch in den Kinderschuhen steckt, aber Formen annimmt. Wie kann die Buga da einen Schub geben? Was können wir in acht Jahren bei der Buga konkret von Zirkularität sehen?

Gerhardt: Bezogen auf das Thema Bioökonomie würde ich mir wünschen, dass man bei der Buga sieht, welche Pflanzen welche Weiterverwendung in der Industrie haben können. Also, dass man beispielsweise nicht nur den Gerstenhalm sieht und an Bierbrauen denkt, sondern, dass man ein Verständnis dafür entwickelt, welche Wege diese vermeintlichen Abfallstoffe noch nehmen können. Also wie kann man aus Stroh Dämmstoffe für die Bauindustrie machen, wie lassen sich aus Hanf Polsterbezüge herstellen, welche Wege gibt es für Ölpflanzen? Da geht es eben nicht um Tank oder Teller. Wir haben auf der Welt 1,5 Milliarden Hektar Ackerland. Die viel mehr können, als beispielsweise drei Tonnen Mais pro Hektar abzuschmeißen. Da ist noch mehr drin.

Was zum Beispiel?

Gerhardt: Da ist die Möglichkeit, Kohlendioxid-Bindung zu betreiben, aber daraus können eben immer auch noch jede Menge Austauschstoffe gemacht werden. Das kann die Buga speziell zeigen, dass Natur mehr ist als nur die Frucht oder das Blümchen, sondern auch Ausgangsstoff für sehr viele nachgelagerte Industrien. Sie kann zeigen, dass wir mit biobasierten Ausgangsstoffen wegkommen können von den fossilen, die wir heute noch haben.

Wie kann die Buga das zeigen?

Gerhardt: Wir würden uns wünschen, dass man im Rahmen der Buga einen Weltacker anlegt. Rein statistisch kommen auf jeden Menschen ungefähr 2000 Quadratmeter Ackerland. Darauf wird angebaut, was wir für Nahrung brauchen, bis hin zu Stärke aus Kartoffeln für industrielle Produktion. Wie viel Fläche für was gebraucht wird, könnte man auf so einem Weltacker sehr anschaulich zeigen. Verbunden mit der Frage, wie man es am Ende wieder in den Kreislauf zurückführen kann.

Die Buga-Planung hat in Wuppertal zumindest sichtbar noch nicht so recht Fahrt aufgenommen. Sie sind von Beruf Unternehmensberater und haben vielleicht ein Gefühl dafür, was nun geschehen müsste, damit die acht Jahre bis zur geplanten Eröffnung 2031 nicht doch noch zu knapp werden.

Gerhardt: Meines Erachtens ist es im Baubereich das Wichtigste, dass man im ersten Schritt eine vernünftige Projektplanung macht und alles durchplant, was man machen will, wie die Gewerke zusammenlaufen soll. Failing to plan is planning to fail. Wer nicht plant, plant sein Scheitern. Das gilt da wirklich. Die generellen Abschätzungen müssen verfeinert werden.

Was genau meinen Sie?

Gerhardt: Ist es zum Beispiel realistisch, eine Seilbahn vom Zoo zur Königshöhe von einem privaten Betreiber bauen zu lassen, ohne dass am Ende die Stadt oder wer auch immer eintreten muss?

Nun geht es aber bei der Wuppertaler Buga auch darum, einen möglichst barrierefreien Rundweg zu erzeugen, wozu eine Seilbahn und auch die Hängebrücke zwischen Königs- und Kaiserhöhe einen wichtigen Beitrag leisten sollen.

Gerhardt: Das Ziel, Menschen, die in Vohwinkel ankommen, zur Königshöhe und zur Kaiserhöhe zu bringen, finde ich total gut. Da gewinnt man ganz viele unterschiedliche Einsichten in die Stadt. Die Frage ist, wie das logistisch abgebildet werden kann. Es ist unattraktiv, das mit allzu vielen Verkehrsmitteln zu organisieren.

Sondern?

Gerhardt: Wir wollen doch Fahrradstadt werden. E-Mobilität im Fahrradbereich ist mittlerweile Standard und bietet sich für Wuppertal auch an.

Böte sich an, wenn es Fahrradwege gäbe.

Gerhardt: Wenn man eine grüne Route etabliert, beginnend am Bahnhof Vohwinkel, zum Zoo, zur Königshöhe, grün asphaltiert, ein Rundkurs, der als solcher erkennbar ist, auf dem sich niemand verfahren oder verlaufen kann. Das wäre eine sehr kostengünstige Variante und es hätte den Charme, dass jemand, der das Kernareal befahren hat, feststellt, dass da noch eine Trasse Richtung Osten ist. Und wer dann besonders unternehmungslustig ist, der kann auch auf die Südhöhen fahren. Das wäre vielleicht etwas, das man mit einer App als Guided Tour machen müsste. Aber ganz einfach wäre es für alle, die ohnehin schon mobilisiert worden sind, auf der Nordbahntrasse einmal die ganze Stadt zu erfahren.

So ein grüner Radweg braucht allerdings Platz, den er sich in Teilen mit den grauen Straßen teilen müsste. Und dann gibt es ja auch noch Widerstand gegen die Hängebrücke.

Gerhardt: Es gibt wunderbare Bauten, die große Freude bereiten, die temporär sind. Auf der Rheinkirmes wird jedes Jahr eine bis zu 40 Meter hohe Achterbahn aufgebaut. Von daher können wir uns gut vorstellen, dass man die Brücke als temporäres Bauwerk anlegt, für die Dauer der Buga, vielleicht noch ein Jahr länger. Dafür braucht man die Fundamentierung, die man auch wieder zurückbauen kann. Alles andere an der Brücke ist hochgradig rückbaubar. Ich würde sie per se temporär planen, um der Diskussion die Schärfe zu nehmen. Ich glaube, so könnte jeder zustimmen, dass es ein Highlight ist, vorübergehend diese spektakuläre Einsicht auf die Stadt zu haben.

Sie haben die Nordbahntrasse mit der Wuppertalbewegung auch gegen zunächst große Widerstände ins Werk gesetzt. Glauben Sie, dass Wuppertal die Bundesgartenschau 2031 schaffen kann?

Gerhardt: Anders als zunächst bei uns, sind Politik und Verwaltung ja für die Buga. Jetzt wäre es hilfreich, wenn man Stolpersteine aus dem Weg räumte, die Planfeststellungsverfahren oder Klagen führen könnten. Dann ist das möglich. Dann haben wir die Möglichkeit, Wuppertal in all seiner Schönheit als grüne Stadt und perspektivisch als Fahrradstadt externen Gästen zu zeigen.