In der Stadthalle City of Birmingham Symphony Orchestra liefert ein Konzert der Superlative ab
Wuppertal · Zu Beginn des Konzertes gab es eine außergewöhnliche Solidaritätsgeste. Die litauische Dirigentin des „City of Birmingham Symphony Orchestra“ Mirga Grazinyte-Tyla intonierte mit Unterstützung ihrer mitsummenden Musiker das ukrainische Volkslied „Ein Entlein schwimmt“ und sang persönlich das vom Klavier begleitete zarte Volkslied.
Ohne Zäsur begann danach Gabriela Montero, Pianistin aus Venezuela mit den ersten markanten Akkorden des „1. Klavierkonzertes op.36 b-Moll“von Pjotr Iljitsch Tschaikowski das offizielle Programm. Das berühmteste der drei Klavierkonzerte greift auf einige ukrainische und russische Volkslieder zurück, die der russische Komponist zu einem „Fest der Klänge“ - so der Titel dieses Konzertes – verarbeitet hat. Man kennt dieses beliebte Klavierwerk, das immer wieder in deutschen Konzertsälen aufgeführt wird, sehr genau. Jede Interpretation hat seine eigenen Merkmale hinsichtlich der Wahl des Tempos oder der Lautstärke. Hier wurde zu Beginn ein ungewöhnlich gemächliches Tempo gewählt, das eher beschaulich und nachdenklich wirkt, obendrein das Fließende der Musik vermissen ließ.
Kultur in Wuppertal: Begeisterter Applaus mit Bravo-Rufen
Die wunderschön gestalteten Trillerketten des Klavierparts wie auch die samtweiche Schlusskadenz am Ende des ersten Satzes wirkten dagegen sehr inspiriert und brachten dem Werk die Wende zu mehr Expressivität. Es gelang der Dirigentin im Verlauf immer besser, die unterschiedlichen Passagen nicht nur autonom zu gestalten, sondern auch inhaltlich miteinander zu verbinden. Großartig, wie das Orchester im dritten Satz mit einem zügigen „Allegro con fuoco“ die russische Seele der Musik zum Leben erweckte, bestehend aus Sehnsucht, Leidenschaft und emotionalem Feuer, und die Pianistin in den Sog und den begeisternden Schwung eines rauschenden Finales mitnahm. Zudem ein klanglich flexibel agierendes, den Zuhörer mitreißendes Orchester. Als Anerkennung gab es begeisterten Applaus mit Bravorufen. Und als Zugabe spielte Montero eine eigene polyphon gestaltete Improvisation über das vom Publikum vorgeschlagene Thema „Summertime“.
Nach der Pause übernahm das Orchester den gleichen Schwung des Klavierkonzert-Finales und präsentierte mit Brahms´ „Symphonie Nr.3 F-Dur op.90“, ein Werk, das der Komponist 1883 in Wien uraufführte und das von dort aus seinen Siegeszug durch die Welt angetreten hat. Wie verwandelt dirigierte Grazinyte-Tyla engagiert und gestenreich den ersten Satz, wählte ein straffes Tempo und sprühte vor Energie, die sich auf die Performance des Orchesters übertrug. Entschlossenheit, Emotionalität, Diversität der Klangfarben war angesagt, harmonische Geschlossenheit, sanfte Klangfarben im „Andante“ und feine, dynamisch gestaltete Spannungsbögen im dritten Satz „Poco Allegretto“. Auch hier wählte die Dirigentin ein gemäßigt schnelles Tempo, nur blieb der Drang nach vorne erhalten und das lyrische Element bekam eine heitere Note. Der Höhepunkt des Abends gelang mit dem vierten Satz „Allegro-un poco sostenuto“. Es war ein Erlebnis besonderer Art, wie präsent Grazinyte-Tyla das Orchester führte, hellwach und physisch ambitioniert. Man hätte einen triumphalen Schluss erwartet, aber Brahms entschied sich für einen leiser werdenden, ruhig ausklingenden Schlussakkord.