Historie Das Erbe von Carl Fuhlrott ist zerstreut in alle Winde
Wuppertal · Das Fuhlrott-Museum wurde 2008 aufgelöst. Spuren des Forschers gibt es nur noch wenige.
Es gab Saurier-Skelette und zwei Bienenvölker, Fossilien, Mineralien und ausgestopfte Vögel. Und in einer Ecke war er selbst zu sehen: Der Lehrer und Naturforscher Carl Fuhlrott, der in die Weltgeschichte als „Entdecker“ des Neandertalers eingegangen ist. Er gründete auch den Naturwissenschaftlichen Verein, dessen Sammlung die Grundlage des Museums wurde, das später seinen Namen trug. Den Verein gibt es heute noch, das Museum nicht mehr.
Für Wolf Stieglitz ist das noch immer schmerzlich. Damals war er Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins, der das Museum erhalten wollte. Als 2003 der damalige Direktor Hans Hermann Schleich offiziell ausschied und die Schließung im Raum stand, „bin ich zu Herrn Slawig gegangen und habe gesagt: ,Wenn das Museum aufbleibt, betreiben wir es’.“
85 Vereinsmitglieder beteiligten sich, saßen an der Kasse und führten Aufsicht in den Räumen, handwerklich begabte Mitglieder übernahmen die Bauten für die Wechselausstellungen. An diese Zeit denkt Stieglitz gern zurück: „Dieser Zusammenhalt, das ist eine wunderbare Erinnerung.“ Bis 2007 führten sie das Museum weiter, „wir hatten wunderbare Ausstellungen“, zuletzt zum 150. Jahrestag der Entdeckung des Neandertalers.
Sie hätten gern weitergemacht, aber die Stadt beschloss die Schließung. Der Verein protestierte, zog mit Exponaten in die City Arkaden, sammelte Unterschriften, rief zu einer Demonstration auf – die leider nicht viele Teilnehmer anzog. Es gab Überlegungen, die Sammlung in den Zoo zu verlegen, in die ehemalige Bahndirektion. Auch das Art-Hotel in Heckinghausen war eine Option. Es nutzte alles nichts: Am 31. März 2008 wurde das Museum, in dem Generationen von Schülern anschaulichen Unterricht erhalten hatten, endgültig geschlossen.
116 Jahre lang hatten Exponate des Naturwissenschaftlichen Vereins den Menschen im Tal Wissen in Geologie, Botanik, Zoologie und Paläontologie nähergebracht. Diesen Verein hatte der Elberfelder Lehrer Carl Fuhlrott 1846 gegründet. Weil die Betreiber eines Steinbruchs im Neandertal Mitglieder waren, zeigten sie Fuhlrott 1856 die Knochen, die Mitarbeiter entdeckt hatten. Und Carl Fuhlrott identifizierte sie als Knochen eines frühzeitlichen Menschen.
Viele Vereinsmitglieder waren leidenschaftliche Naturforscher und -sammler. 1896 schenkte der Verein seine Naturaliensammlung der Stadt Elberfeld, 1892 wurden sie erstmals in einer Ausstellung gezeigt. 1901 stellte die Stadt Räume am Neumarkt für die Ausstellung zur Verfügung, später zog die Sammlung noch mehrere Male um. 1943 wurde sie fast völlig zerstört. Doch der Verein konnte sie wieder aufbauen, seit 1967 befand sie sich am Standort Auer Schulstraße.
Nach der Schließung wurden die Exponate verteilt: Die Schmetterlinge zogen in den Aquazoo Düsseldorf, Fische, Vogel- und Säugetierpräparate sowie Fossilien und Mineralien sind heute im Ruhr Museum auf Zollverein in Essen zu sehen. Auch an die Kreisjägerschaft, die Wuppertaler Uni, nach Bonn und Münster, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gingen Teile der Sammlung.
An Carl Fuhlrott erinnert heute nur wenig in Wuppertal. Auf das Museum verweisen am ehemaligen Standort ein als Fossil angemalter Stromkasten sowie eine echte Fossilwand in der VHS. Im Carl-Fuhlrott-Gymnasium hängt ein Portrait des ehemaligen Lehrers und stellvertretenden Schulleiters der Schule, ein Wandbild bringt den Schülern sein Leben näher. Und Schulleiter Reinhard Mertens berichtet: „Manchmal begrüßen Politiker bei Veranstaltungen hier die Besucher versehentlich ,im Fuhlrott-Museum’.“
In den Zoosälen ist ein „Fuhlrott-Campus“ geplant, dort sollen Besucher den Tiermedizinern zusehen und eine Flusslandschaft mit Fauna und Flora der Wupper erleben können. Dort könnten auch einige Exponate des Fuhlrott-Museums wieder zu sehen sein. Bis dieser verwirklicht wird, wird es noch dauern. Kulturdezernent Matthias Nocke will sich dafür einsetzen, weiter an Carl Fuhlrott zu erinnern: „Es wäre töricht, diesen Mann in Vergessenheit geraten zu lassen.“
Der Naturwissenschaftliche Verein hat heute 200 Mitglieder und lädt zu zahlreichen Vorträgen und Exkursionen ein.