Wirtschaft Coronahilfen: Existenzgründer fallen durch das Raster
Wuppertal · ANALYSE Wer sein Unternehmen erst kürzlich gegründet hat, bekommt wenig Unterstützung.
Barbara Opitz und ihr Mann Michael Mayer wollten ihr Schimmerlos – Deli & Catering eigentlich schon im Dezember 2019 eröffnen. Aber der Start des Lokals mit süddeutscher Küche modern übersetzt verzögerte sich. Und deshalb hat das Paar derzeit keinen Anspruch die Soforthilfe, die der Staat wegen der Coronakrise auszahlt. Junge Unternehmen fallen durchs Raster.
„Wir hatten genau einen Tag geöffnet“, berichtet Barbara Opitz. Nach einem Jahr Vorbereitung gab es an der Friedrich-Ebert-Straße am Montag, 16. März, belegte Brötchen, Gemüse-Eintöpfe und Salate zum Mitnehmen, dann war wieder Schluss. Und jetzt versuchen die Gründer, die Zeit zu überstehen, bis sie irgendwie weiter arbeiten können. Sparen an Ausgaben, wo es möglich ist, bekommen Aufschub vom Vermieter und ihrer Bank, planen einen Lieferservice. Dankbar sind sie für die Unterstützung per Crowdfunding: Mehrere 1000 Euro sind zusammengekommen.
Denn auf die Soforthilfen von Land und Bund zwischen 9000 und 25 000 Euro, die für viele Gastronomen eine hilfreiche Finanzspritze waren, haben sie keinen Anspruch. Denn gefördert werden nur Unternehmen, „die ihre Waren oder Dienstleistungen bereits vor dem 31. Dezember 2019 am Markt angeboten haben“.
500 Gründer haben keinen Anspruch auf Förderung
Rund 500 Gründer könnten es sein, die im ersten Quartal 2020 an den Start gegangen sind, schätzt Thomas Grigutsch von der IHK. Er findet diese Lücke in der Förderung „ärgerlich“. Denn viele Gründer seien mit viel Vorbereitung und vielen Investitionen in ihr Geschäft eingestiegen.
Davon kennt auch Andre Scheifers, der bei der IHK Gründer berät, einige Geschichten: „Da haben Leute renoviert, viel Geld in ihr Geschäft gesteckt, dann mussten sie schließen.“ Antje Lieser, die bei der Wirtschaftsförderung Ansprechpartnerin für Gründer ist, kennt auch zwei Gründer der Gastronomiebranche, die nur wenige Tage öffnen konnten: „Das ist richtig, richtig bitter.“ Sie kennt zudem einen Veranstaltungstechniker, der sich im Januar selbstständig gemacht hatte, jetzt natürlich keine Aufträge bekommt und in seine alte Anstellung auch nicht zurück kann. „Gastro und Event sind die Hölle“, sagt sie.
Scheifers weiß zwar auch von Gründern, die von der aktuellen Lage profitieren, so könnten Unternehmen mit IT-Lösungen gerade auch gute Geschäfte machen. Aber er hat Betroffenen anderer Branchen schon dazu geraten, vorübergehend wieder ins Angestellten-Verhältnis zu gehen und die Gründung zu verschieben. Wer aus einem Gesundheitsberuf komme, habe gute Chancen. In anderen Bereichen ist es schwieriger. Antje Lieser hat ihren Gesprächspartnern auch schon nichts anderes als das Jobcenter ans Herz legen können. Kredite seien für viele keine Lösung, denn die müssten sie zurückzahlen. Und die Banken wollten auch Prognosen, die derzeit kaum möglich sind.
Das Landeswirtschaftsministerium verweist auf die Frage nach Hilfen für Gründer auf Frist-Verlängerungen bei Förderprogrammen und die Erweiterung der Bedingungen bei Darlehen und Eigenkapital-Programmen. Die Soforthilfe wolle man in begründeten Fällen auch auf jüngere Unternehmen ausweiten. Einen Zeithorizont dazu könne man aber nicht nennen.
„Wir sind seit vier Wochen an dem Thema“, sagt Thomas Grigutsch von der IHK. Sie führten Gespräch mit dem Ministerium. In anderen Bundesländern sei der Stichtag für die Soforthilfen sogar auf Mitte März verlegt worden. Eine Lösung für NRW sei bereits absehbar gewesen, dann habe der Betrug mit den gefälschten Internetseiten zur Soforthilfe die Gespräche unterbrochen. Er hoffe, dass es bis Ende nächster Woche Ergebnisse gibt.
Barbara Opitz sagt, sie und ihr Mann hätten keine Wahl, als weiterzumachen. Denn das Geschäft haben sie mit einem Kredit auf ihre Wohnung finanziert. Sie warten darauf, welche Maßnahmen am 6. Mai beschlossen werden. Entweder dürfen sie wieder aufmachen oder sie beginnen mit einem Lieferservice.