Kolumne des Freien Netzwerks Kultur Friedrich Engels als Kompass für eine Gesellschaft im Umbruch

Wuppertal · Tine Lowisch denkt über eine Rede von OB Uwe Schneidewind nach.

Tine Lowisch.

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Seit zehn Tagen denke ich über diese ganz besondere Rede nach, die unser Oberbürgermeister Uwe Schneidewind am 28.November 2021  in der Immanuelskirche zum Abschluss des Engelsjubiläums gehalten hat. In dieser Rede war so viel Inhalt und Orientierung, dass ich geschockt war, und dass mich das tatsächlich auch noch zuversichtlich stimmt, hat mich ziemlich unerwartet getroffen. Jetzt erst, nach dieser Rede, bin ich endlich wieder froh und meine Beklommenheit ist wie weggefegt. Dieses diffuse Unbehagen, das mich in den letzten drei Jahren, zuzüglich Planungsphase des Engelsjahres, begleitet hat, die ganze Zeit über, in der sich Wuppertal im Rahmen eines Jubiläums – immer unter dem Damoklesschwert der zeitlichen Begrenzung - mit seinem bedeutendsten Sohn befasst hat, hat sich nun in eine unbeschwerte Beschwingtheit gewandelt. Denn jetzt ist es  offiziell: Das Engelsjahr wird keine Episode bleiben!

Die 2020er Jahre sind programmatisch vom Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal zur Friedrich Engels-Dekade erklärt worden. Ein aus meiner Sicht längst überfälliges Bekenntnis zu Friedrich Engels wurde als Kompass für eine Gesellschaft im Umbruch proklamiert. Dass ich das miterleben durfte, als Impuls aus Wuppertal heraus, war einfach wunderbar. Dazu auch noch die unerwartete Gewichtung in der Rede: 1. Was heißt Friedrich Engels für den Kulturstandort, 2. für den Wissenschaftsstandort und 3. für den Wirtschaftsstandort Wuppertal? Das hat mir wirklich gut getan. Und da war es mir auch egal, dass ich zwei Stunden lang, wegen der überaus gut funktionierenden Belüftungsanlage, ziemlich gefroren habe und, dass ich über die Kalauer eines jecken kölschen Kabarettisten lachen musste. Dankbar bin ich eher für die wertschätzenden Worte, die unser Kulturdezernent Matthias Nocke gefunden hat, als er die Aktivitäten der Projektideengeber rund ums coronabedingt verlängerte Engelsjahr ausdrücklich lobte. Sympathisch moderiert von einem bekanntermaßen konstruktiv streitbaren Olaf Reitz war der Abend eine in seiner Struktur zwar sehr vielschichtige, in der Verbindung aller Elemente aber durchaus runde Sache. Durch 2G plus und dem angekündigten Schnee fehlten ein paar Gäste, die eigentlich zugesagt und mit denen viele fest gerechnet hatten. Und tatsächlich fehlte mir auch ein revuepassierender, visueller Aspekt in der Ausgestaltung des Abends. Ich frage mich bis heute: Wenn auf einer Bühne eine Projektionsfläche, eine Leinwand für einen einzigen Filmbeitrag von Wuppertaler Schülern, als ein Projekt der Wuppertaler Bühnen aufgebaut ist, warum wurde diese nicht auch im Laufe des Abends für eine Auswahl einiger starker Bilder genutzt, die zweifelsohne im Laufe der zwei Engelsjubiläumsjahre  entstanden sein müssten, um die Aktivitäten auch anderer Projekte sichtbarer zu machen?

Pina-Bausch-Zentrum als
zentraler Verbindungsort

Was soll’s: Richten wir den Blick nach vorn. Ein Satz aus der Rede des Oberbürgermeisters, über die Friedrich Engels Thematik hinaus, ist mir allerdings noch in besonderem Maße in Erinnerung geblieben: „Das Pina-Bausch-Zentrum muss in seiner 4. Säule ein zentraler Verbindungsort der unterschiedlichen Kulturszenen mit den Fragen der Stadtgesellschaft werden.“

Das stimmt. Und zum Glück befindet sich die steinerne Skulptur: Der Junge Engels von Eckehard Lowisch, eine Schichtarbeit aus 56 Marmortafeln, schon seit dem 28. November 2020, seit Friedrich Engels 200. Geburtstag, seit der ersten Runde der PBZ-Vorlaufphasen-Veranstaltungsreihe „Under Construction“ vor Ort. Optimal platziert. Bisher noch als Leihgabe des Künstlers, aber immerhin als aussagekräftiger Platzhalter für diese überaus zukunftsweisende Thematik, die des Kulturszenen-Verbindens in diesem Wuppertal.