Pflegebedarfsplan Wuppertal hat zu viele Pflegeplätze

Pflegebedarfsplan stellt Überkapazität fest. Stadt will weiteren Bau von Heimen begrenzen.

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Wuppertal. Die Menschen werden immer älter, auch in Wuppertal. Trotzdem will die Stadt keine weiteren Pflegeheime mehr unterstützen und auch keine neuen Tagespflege-Einrichtungen. Grund: Der Bedarf ist gedeckt. So steht es im verbindlichen Pflegebedarfsplan bis 2020, der am 20. Februar vom Rat verabschiedet werden soll.

2015 hatte der Rat beschlossen, einen solchen Plan aufzustellen, ein erster Bedarfsplan wurde im Mai 2016 verabschiedet. Nun liegt die erste Fortschreibung vor. Schon mit dem ersten hatte die Stadt festgelegt, keine weiteren Pflegeheime mehr zu unterstützen. Und der Bedarf für Tagespflege-Einrichtungen sollte nur noch bestätigt werden, wenn für das Quartier ein Defizit festgestellt ist.

Diese Option gibt es im aktuellen Plan nicht mehr — da das Angebot durch Neueröffnung von fünf weiteren Einrichtungen Wuppertal im laufenden Jahr um ein Drittel wächst und der Bedarf nun mehr als gedeckt ist. Die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze will die Stadt dagegen nicht begrenzen.

Sieht die Stadt keinen Bedarf, wird sie möglichen Bewohnern eines Pflegeheims oder Nutzern eines Tagespflegeplatzes keine Zuschüsse wie zum Beispiel das Pflegewohngeld zahlen. Die Einrichtungen könnten nur solche Menschen aufnehmen, die die Kosten komplett selbst zahlen, oder entstehende Lücken selbst finanzieren.

Sozialdezernent Stefan Kühn erklärt dieses Vorgehen so: „Wir machen das, um die Einrichtungen vor zu scharfer Konkurrenz zu schützen.“ Ein zu großes Angebot auf dem Markt nutze den preiswerten Einrichtungen. „Das ist zum Nachteil der Einrichtungen, die ihren Mitarbeitern anständige Löhne zahlen, die gutes Personal einstellen und ein gutes Angebot machen. Das kann niemand wollen.“

Für den Bedarfsplan hat die Verwaltung das bestehende Pflege-Angebot mit Prognosen zur Pflegebedürftigkeit abgeglichen. Weil die Menschen so lange wie möglich zu Hause leben wollen, steigt die Zahl der Menschen in Heimen nur langsam, obwohl es immer mehr Pflegebedürftige gibt. Dafür wächst die Zahl derjenigen, die ambulant versorgt werden.

In der Tagespflege gab es zum Stichtag 30. September 2016 zwölf Einrichtungen mit 190 Plätzen. Diese sind zu knapp 80 Prozent ausgelastet. Weitere fünf Einrichtungen mit 67 Plätzen sind geplant. Damit übersteigt das Angebot die Prognose des Bedarfs an Plätzen bis 2020 (je nach Berechnung 166 oder 222). Daher hat die Stadt vier interessierten Trägern keine Bedarfsbestätigung für weitere Einrichtung gegeben.

Für die kurzzeitige Pflege stehen in Wuppertal 259 Plätze zur Verfügung. 45 davon in vier Einrichtungen speziell für Kurzzeitpflege, weitere 214 in Pflegeheimen, die auch Menschen mit kurzzeitigem Bedarf aufnehmen. Die Auslastung hier liegt bei 77 Prozent. Obwohl auch hier der Bestand den vorhergesagten Bedarf für 2020 übersteigt, will die Stadt weitere Einrichtungen ermöglichen, da zuletzt keine neuen Einrichtungen dazu kamen.

In den 41 Pflegeheimen der Stadt gibt es aktuell 3781 Plätze. Am Stichtag 30. September 2016 waren davon 3693 belegt, die Auslastung über die ersten drei Quartale 2016 lag bei 97 Prozent. Vier neue Einrichtungen mit 270 Plätzen sind geplant, gleichzeitig werden durch Modernisierung bestehender Heime 200 bis 300 Plätze abgebaut. Insgesamt liegt der Bestand über dem, was laut Prognose bis 2020 gebraucht wird — nämlich nur 3500. Weil auch hier laufend Investoren Interesse anmelden, will die Stadt keine weitere Bedarfsbestätigung mehr erteilen.

Laut Statistik der Pflegeversicherung bezogen zum Stichtag 15. Dezember 2015 in Wuppertal 12.039 Menschen Leistungen der Pflegeversicherung. 69 Prozent davon lebten in den eigenen vier Wänden, besuchten zum Teil Tagespflegeeinrichtungen. 56 Prozent von ihnen waren 80 Jahre und älter. 65 Prozent aller Pflegebedürftigen sind Frauen. Im Vergleich zum Stand Ende 2013 ist die Zahl der Pflegebedürftigen um 334 Personen angestiegen. Angestiegen ist in dieser Zeit auch die Zahl der Menschen, die zwar keine Pflegestufe haben, aber trotzdem Unterstützung brauchen: 2013 waren es 367, 2015 waren es 675. Beim Blick auf die vergangenen 15 Jahre zeigt sich, dass die Zahl der Pflegebedürftigen um mehr als ein Fünftel (22 Prozent) gestiegen ist. Die Zahl der belegten Plätze in Pflegeheimen stieg dagegen nur um knapp 7 Prozent. Dafür werden mehr Menschen durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste versorgt. Auch die Nutzung von Tagespflegeplätzen stieg: Am Stichtag 2001 waren es 55, 2015 waren es 216. Ähnliches gilt für die Kurzzeitpflege: Die Zahl der am Stichtag belegten Plätze stieg von 30 auf 150.