Kultur Wuppertal: Heimatfilm mit Günter Baby Sommer begleitet den Künstler bei zwölf Konzerten

Wuppertal · „Von der Elbe an den Niederrhein“: So war die Vorführung der Dokumentation im „Ort“.

Zahlreiche Besucher sind bei der Filmvorführung im „Ort“ in Wuppertal dabei.

Foto: Thomas Hendrich

Mit dem „Ort“ ist Günter Baby Sommer schon seit vielen Jahren verbunden. Er ist im August 80 Jahre alt geworden und stellt mit seiner Vitalität und Spielfreude manch Jüngeren in den Schatten. Auch mit Peter Brötzmann gastiert er auf vielen internationalen Festivals. Zu einem zweitägigen Mini-Festival war der gebürtige Dresdener wieder mal in Wuppertal und stellte am ersten Abend einen Film vor.

„Von der Elbe an den Niederrhein“ begleitet den international profilierten und bekannten Schlagzeuger und Perkussionisten, der zu den Free-Jazz-Musikern der ersten Stunde in Europa zählt. Er ist einer der bedeutendsten Vertreter des zeitgenössischen, europäischen Jazz, welcher mit einem hoch individualisierten Schlaginstrumentarium zugleich eine unverwechselbare musikalische Sprache entwickelt hat. Das war im Film zu erleben.

Im September 2022 bereiste er die Region Niederrhein und spielte an zehn Tagen zwölf Konzerte an unterschiedlichen Orten. Dazu kamen drei Workshops an Schulen. „Musik ist der beste Doktor“, stellt er, der schon als Kind seine Liebe zum Jazz entdeckte, fest und ihm glaubt man es sofort. Im Film und auch live im „Ort“ war seine Musikalität, Spontanität und Lebensfreude zu erleben. Sommer spielte mit rund 20 Musikern in immer wieder neuen Besetzungen an spannenden und prägnanten Orten der Region, zahlreiche Jazz-Musiker von Rang waren dabei. Viele der wechselnden Bandkollegen kamen aus der Region, wie der Bassklarinettist und Saxophonist Eckard Koltermann aus Wanne-Eickel.

Im „Spanischen Vallan“, einem denkmalgeschützten Wohnturm im Stadtpark von Rheinberg, spielten sie zusammen. Neben vielen Konzerteindrücken vermittelte der Film einen Einblick in das Tourleben. Sommer, nie um einen lockeren Spruch verlegen, erzählte der Redakteurin einer Schülerzeitung im Interview, dass er während des Spiels eine Einheit mit dem Instrument bildet. „Die Sticks werden zur Verlängerung meines Körpers. Das Instrument bin ich.“

Die Zeit ist immer knapp bei der Tournee, Erklärungen erfolgen aus dem Tourbus heraus zu der Landschaft und ihren Besonderheiten. Ehemalige Zechengelände werden zu Spielorten, ebenso Bauernhöfe, Kirchen, Museen oder Ratssäle. Einige Konzerte wurden mit Literatur kombiniert, eine Mischung, die Sommer besonders liebt. Während der „Pausenhallenkonzerte“ in den Schulen kann er die Schüler mit seiner Musik und lockeren Art für sich gewinnen. Vor der Kulisse der Niederrheinregion nimmt der Betrachter Teil an seinem Schaffensprozess und gewinnt einen Eindruck seines Könnens. Jedes Konzert ist neu, anders und immer intensiv. Auf einem Baggersee spielt er in einem Boot, auf der Halde Norddeutschland in Neukirchen-Vluyn oder in einer Schmiede. Er erzählt mit viel Humor aus seinem Leben, der langjährigen Zusammenarbeit mit Günter Grass und, wie er schmunzelnd erklärt, „zum 2564. Mal, dass der Zusatz „Baby“ in seinem Namen von dem Jazz-Schlagzeuger Warren „Baby“ Dodds stammt.