Menschen und kulturelle Angebote zusammenbringen Vier Wuppertaler Landtags-Kandidaten sprechen im WZ-Studio über Kulturpolitik (mit Video)

Wuppertal · Beim Pina Bausch Zentrum sind sich alle einig: Das kommt, das muss kommen – ist Juwel, Alleinstellungsmerkmal, internationales Aushängeschild, Touristenmagnet.

WZ-Redakteurin Monika Werner-Staude (von links) sprach mit Marcel Hafke (FDP), Eva Miriam Fuchs (Grüne), Anja Vesper (CDU) und Andreas Bialas (SPD).

Foto: Fischer, Andreas H503840

Und auch ansonsten herrschen Konsens und Harmonie unter den Wuppertaler Landtags-Kandidatinnen und -Kandidaten, wenn es um das Thema Kultur(-Politik) geht. Zum Gespräch im TV-Studio der Westdeutschen Zeitung trafen sich Anja Vesper (CDU), Eva Miriam Fuchs (Grüne), Andreas Bialas (SPD) und Marcel Hafke (FDP).

Kultur ist Lebenselixier und (doch) freiwillige Ausgabe, wurde in der Pandemie arg in Mitleidenschaft gezogen. Das Land muss sich um Kultur-Politik und -Förderung kümmern, tut dies über finanzielle Programme und Rahmensetzungen. In Nordrhein-Westfalen gibt es das Kulturgesetzbuch (gesetzliche Grundlage für die Kulturförderung), die Stärkungsinitiative Kultur (die kommunale Theater und Orchester fördert, die Freie Darstellende Künste und Freie Musikszene sowie Kunst und Kultur im ländlichen Raum stärkt), das Jekitsprogramm („Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“), Stärkungsinitiativen für Bibliotheken oder den Kulturrucksack, der Kindern und Jugendlichen kostenlose oder deutlich kostenreduzierte kulturelle Angebote eröffnen soll.

Beispiele, die auch die Politikerinnen und Politiker anführen. Es gibt strukturelle und projektbezogene Hilfen, die an Einrichtungen oder einzelne gehen. Ob nach Gießkannenprinzip ohne „Outputorientierung“, um möglichst auch die einzelnen Kunstschaffenden zu erreichen, wie es Eva Miriam Fuchs befürwortet, oder eher nicht, wozu Anja Vesper tendiert. Auf jeden Fall müsse es mehr Fördergelder geben, um dem Problem der Fixkosten Herr zu werden, sagt die Christdemokratin. Da reicht auch die deutliche Erhöhung des Kulturetats des Landes (2022 auf 315 Millionen Euro) nicht, weil dieser immer noch nur einen geringen Anteil am Gesamthaushalt. Da sind sich alle einig.

Landtags-Kandidaten aus Wuppertal: Städte müssen befähigt und verpflichtet werden

Die Städte müssen einerseits befähigt und andererseits verpflichtet werden, Kultur zu finanzieren. Durch Erlass der Altschulden und eine erhöhte Förderung, die dann aber nicht in andere Bereiche fließen oder zur Tilgung von Schulden genutzt werden dürfe, so Andreas Bialas. Und Marcel Hafke plädiert in diesem Zusammenhang: „Wenn Berlin Aufgaben stellt, müssen sie bis zur kommunalen Ebene herunterreichen; damit Kommunen dauerhaft Kultur über alle Bereiche etablieren und stützen können.“ Dabei sollten keine Förderkulissen aufgebaut, sondern Kommunen handlungsfähig gemacht werden, ergänzt die Grünen-Politikerin.

Der kulturelle Bereich hat in der Coronakrise sehr gelitten – ideell und finanziell. Das wissen auch die Politiker. Gerade die freie Szene, so Hafke, die schon vorher nicht viel verdient habe. Mit Rettungsfonds habe das Land versucht, zu kompensieren. Das sei auch ein stückweit gelungen, aber nicht beendet. Kulturschaffende bräuchten grundsätzlich ein angemessenes Einkommensniveau, um von ihrer Kunst leben zu können. Zumal das Publikum nur zögerlich zurückkehre.

Sicher haben Land und Bund viel gemacht, anerkennt auch Bialas und lenkt den Blick auf ein deutlich gewordenes Problem: Der Staat machte selbstständige Kunstschaffende im Lockdown arbeitslos. Er sei dadurch in der Pflicht zu helfen. „Wir brauchen weiterhin Programme und müssen die grundsätzliche Absicherung der Künstler in den Blick nehmen.“ Fuchs denkt hierbei speziell an eine Unterstützung der Veranstaltungs- und Clubkultur: „Wir müssen Lösungen finden, um Kultur lebhaft in der Stadt stattfinden zu lassen. Räume müssen genutzt werden indoor und outdoor.“

Dass sich kulturelle Angebote dabei auch, zum Beispiel auf digitaler Ebene, verändert haben und verändern, ist für den Freidemokraten bei aller Unterschiedlichkeit kommunaler Unterstützungsmöglichkeiten (Wuppertal ist nicht Düsseldorf) Sache von Angebot und Nachfrage. Auch für Anja Vesper ist Kultur nicht steuerbar, suche sich ihren eigenen Weg. Man werde wohl eine Mischung aus allem mitnehmen. Auch das, was sich in der Pandemie bewährt habe.

Der SPD-Politiker wiederum sieht die Pandemie neben Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion als einen Motor der Transformation. Eine Kraft, die die Digitalisierung vorangebracht habe.

Um Transformation geht es auch beim Publikum, das nicht nur nach zwei Jahren Entwöhnung zurückgewonnen werden, sondern grundsätzlich gefunden und gehalten, jünger, diverser werden muss. „Wir müssen Menschen dazu kriegen, dass sie die kulturellen Angebote nutzen“, plädiert der FDP-Politiker im Sinne aller und ergänzt, dass dies viel zu wenig in Wuppertal diskutiert werde. Man brauche einerseits Hochkultur, die auch über die Stadtgrenzen hinaus nachgefragt werde, müsse andererseits die Häuser öffnen, Kinder und Jugendliche in Schulen abholen und auf Plätze gehen.

Alle vier Politikerinnen und Politiker kennen hier gute und ausbaufähige Ansätze in der Stadt (und anderswo). Hafke und Fuchs benennen Oper und Sinfonieorchester, die in die Stadt gingen, und die Grüne überdies Theaterbesuche, die (wieder) in den Schulkanon gehören, Bialas führt Bibliothek, Kinder- und Jugendtheater und das ehemalige Müllers Marionettentheater an, das an einer Ecke gearbeitet habe, wo nicht gerade die Hochkultur zuhause ist, verweist auf die Stadt Hamburg, die auf vielen unterschiedlichen Wegen die Leute ins Theater holen will. Vesper wiederum schätzt den Kinderlesewagen des Nachbarschaftsheims in Ostersbaum, der die Kinder mitnehme. Auf jeden Fall müsste die Verzahnung von Schule und Kultureinrichtungen verstärkt werden (Fuchs). Auch gelte es, digitale Ansätze fortzuführen wie den Instagram-Chanel der Oper oder Sinfoniekonzerte mit Generaldirektor Patrick Hahn, die auf dem Bildschirm im Wohnzimmer erlebt werden können.

Landtags-Kandidaten aus Wuppertal: Digitale Angebote sollten weitergeführt werden

Und was wollen die vier im Falle einer Wahl als erstes tun? Vesper will Jekits fortsetzen und ausdehnen, Hafke zusätzliche finanzielle Mittel erwirken, Räume in Schulen öffnen, vernetzen, Fuchs die Club- und Veranstaltungsszene stärker stützen, finanziell und durch Erleichterungen bei den Genehmigungen, Bialas das Lesen als kulturelle Grundkompetenz („Jedem Kind sein Buch“) und damit die gesellschaftliche Teilhabe fördern.