Kunst statt Schmiererei „Graffiti sind eine Bereicherung für eine Stadt wie Wuppertal“
Wuppertal · „Hier ist vor 20 Jahren ein echtes Freiluftmuseum entstanden.“ Wenn Viola Wessler über die „Hall of Fame“ an der Bergstraße spricht, dann gerät sie schnell ins Schwärmen.
„Hier ist vor 20 Jahren ein echtes Freiluftmuseum entstanden.“ Wenn Viola Wessler über die „Hall of Fame“ an der Bergstraße spricht, dann gerät sie schnell ins Schwärmen. Als Fachbereitsleiterin für Jugend und Freizeit beim Jugendamt kennt sie die Sprayer-Szene in Wuppertal gut. Seit einem Jahr dokumentiert sie die Werke am Haus der Jugend in Elberfeld auf dem Instagram-Kanal „malen_fuer_den_augenblick“. „Damit versuchen wir abzubilden, wie vielfältig Graffiti auch in Wuppertal sind“, erklärt Wessler. Dass es sich dabei um „hochwertige Kunst“ handelt und nicht oft um stigmatisierte Schmierereien, würden mittlerweile auch breite Teile der Gesellschaft akzeptieren. Dieser Kunst Raum zu geben, war auch der Ansatz von Martin Heuwold alias „Megx“, als er 2013 die „Hall of Fame“ an der Nordbahntrasse initiierte.
„Es ist eine Bereicherung für die Stadt und mittlerweile gibt es auch keine Großstadt mehr, die solche Flächen zum legalen Sprühen nicht hat“, weiß der Graffiti-Künstler, der als Vater der Wuppertaler Lego-Brücken heute deutschlandweit bekannt ist. Allerdings gibt es hier im Tal Nachholbedarf: „In Bochum gibt es fast 20 Orte wie die Wände an der Bergstraße oder an der Nordbahntrasse. Alleine rund um die Ruhr-Uni gibt es fünf.“ Dass der Bedarf in Wuppertal da ist, steht dabei außer Frage. So hat nicht nur Heuwold den Eindruck, dass die Szene in Wuppertal immer weiter wächst. Viola Wessler schätzt, dass es etwa 100 aktive Sprayer in der Stadt gibt: „Heute haben wir in der Tat eine total bunte Szene, zu der auch viele junge Frauen gehören, die damit auch das Klischee der harten Sprayer-Jungs etwas entkräften.“ Eines haben sie aber offenbar alle gemeinsam: den Drang, ihre Kunst auszuleben.
„Hall of Fame“ in Elberfeld zieht Sprayer seit 30 Jahren an
Gerade an der Bergstraße toben sich die Sprüher regelrecht aus. Um so viele Werke wie möglich an der „Hall of Fame“ zu dokumentieren, geht Viola Wessler bis zu zweimal am Tag dort vorbei: „Teilweise sind die Bilder, die tagsüber zu sehen waren, abends schon wieder weg, weil ein anderer Sprayer sie bereits übermalt hat.“ Die Idee, eine Fläche zu schaffen, auf der in Elberfeld legal Graffiti gesprüht werden durfte, hatte 1994 eine Mitarbeiterin aus dem Haus der Jugend. „Zwei Jahre zuvor hatte der damalige Leiter der Einrichtung und heutige Oberbürgermeister von Remscheid, Burkhard Maszt-Weisz, den ersten Graffiti-Wettbewerb in Wuppertal ins Leben gerufen“, erinnert sich Martin Heuwold, der selbst seit 1989 sprüht.
Seitdem ist die „Hall“ in Elberfeld bis heute ein echter Anziehungspunkt für die Szene. Im Zuge der Sanierung des Parkhauses am Kasinogarten wurde auch der Beton an der Bergstraße überprüft. Wessler: „Zur Kontrolle musste die Farbe weichen und dabei wurden zentimeterdicke Lackplatten entfernt. Bei einem Preis von fünf bis sechs Euro pro Dose zeigt das, was da für Geld auf der Wand hängt.“