Befürchtungen bei Katholiken wachsen Wuppertals Stadtdechant Bruno Kurth zu Woelki-Hochschulprojekt: „Risiko für das ganze Erzbistum“

Köln/Wuppertal · Die Wogen um den hoch umstrittenen Kölner Kardinal Woelki glätten sich auch nach seiner monatelangen Auszeit nicht: Jetzt reagiert sogar der Chor mit einem Sänger-Boykott im Dom. Und ein „nebulös finanziertes Hochschulprojekt“ sorgt für Aufsehen.

Wuppertals Stadtdechant Bruno Kurth äußert deutliche Bedenken mit Blick auf ein Hochschulprojekt des umstrittenen Kölner Kardinals Woelki (Archiv).

Foto: Uwe Schinkel/Schinkel, Uwe (schin)

Die Wogen um den hoch umstrittenen Kölner Kardinal Woelki glätten sich auch nach seiner monatelangen Auszeit nicht: Am Palmsonntag reagierte sogar ein Chor in Woelkis Pontifikalamt mit einem musikalischen Teilboykott. Gleichzeitig wachsen bei vielen Katholiken Befürchtungen, „dass dem Missbrauchsskandal jetzt ein Finanzskandal im Erzbistum Köln folgen“ könne, wie der Kölner Stadtdechant Robert Kleine auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur berichtete.

Im Erzbistum zeichnet sich wachsender Widerstand gegen ein zentrales Projekt des Kardinals ab. Dabei geht es um die Kölner Hochschule für Katholische Theologie, die als konservatives Gegenstück zu den angeblich zu liberalen theologischen Fakultäten an den Universitäten von Köln und Bonn angelegt werden solle. Der Wuppertaler Stadtdechant (Regionalchef) Bruno Kurth sagte dazu der dpa: „Das nebulös finanzierte Hochschulprojekt von Kardinal Woelki wird zum finanziellen Risiko für das ganze Erzbistum.“

Kölns Stadtdechant Kleine fordert eine unverzügliche unabhängige Aufklärung der Vorgänge. Der Remscheider Stadtdechant Thomas Kaster wirft Woelki vor: „Der Erzbischof gefährdet mit seinem Vorgehen die traditionsreiche Theologenausbildung insbesondere in Bonn.“

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kirchenkreisen erfuhr, sollte die Hochschule, die ursprünglich von der Ordensgemeinschaft Steyler Missionare in Sankt Augustin bei Bonn betrieben wurde, zunächst nur vom Erzbistum weitergeführt werden. Offiziell sei von Kosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro jährlich die Rede gewesen. Insgeheim habe man aber schon immer von höheren Summen gesprochen, da die Verlegung nach Köln, der Umbau eines Hochschulgebäudes und der Ausbau der Hochschule mit zusätzlichen Professorenstellen viel höhere Summen erfordert hätten.

Bei der Finanzierung habe das Erzbistum auf Zuschüsse vom Land Nordrhein-Westfalen und auf private Mittel aus der freien Wirtschaft gesetzt, doch diese Hoffnungen hätten sich nie erfüllt. Inzwischen hätten sich die Kosten im Wirtschaftsplan auf drei Millionen Euro jährlich erhöht. Dieses Geld habe man bisher einem Sondervermögen des Erzbischofs entnommen, das auch zur Entschädigung der Opfer von sexuellem Missbrauch verwendet werde. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte in der vergangenen Woche berichtet, dass die Kosten für den laufenden Betrieb der Hochschule bei Besetzung aller 15 Professuren intern auf acht bis zehn Millionen Euro jährlich beziffert würden. Eine solche Summe ist vom Erzbistum kaum allein aufzubringen.

Das Erzbistum hat zu dem Thema bisher nur mitgeteilt, dass man den Fall untersuche. In der vorvergangenen Woche war bekannt gegeben worden, dass bei einer Routineprüfung ein Vertrag aufgefallen sei, der der weiteren Klärung bedürfe. Es handele sich um eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“, die eine „erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung“ entfalte.

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken sagte dazu der dpa: „Sollte man die Hochschule durch Kirchensteuermittel und Bistumsvermögen abgesichert haben, hätte man alle verantwortlichen Gremien im Erzbistum gezielt umgangen und getäuscht. Zudem wäre es ein Wortbruch des Kardinals.“ Dieser habe immer zugesichert, die Hochschule werde über eine Stiftung kostenneutral für das Erzbistum finanziert.

Der wachsende Protestfront gegen Woelki ist bereits mitten in den Dom eingezogen: Am Palmsonntag trat das Vokalensemble Kölner Dom nur mit einer „kleinen, aber besonders bunten Abordnung“ an, wie die Kölner Religionslehrerin und Chorsängerin Edith Timpe es im Vorfeld formuliert hatte.

Die meisten Plätze der eigentlich 50 Chormitglieder blieben demonstrativ leer. Stattdessen sang eine achtköpfige Rumpfbesetzung aus überwiegend protestantischen oder nicht heterosexuellen Ensemble-Mitgliedern. Zunächst hatte der „Kölner Stadtanzeiger“ über den Teilboykott berichtet.

Die Aktion richtete sich gegen Woelkis Amtsführung, dem unter anderem vorgeworfen wird, die Aufklärung sexualisierter Gewalt im Bistum auszubremsen. Woelki, der laut Timpe bereits am Freitag vorgewarnt worden war, ging in seiner Palmsonntagspredigt mit keinem Wort auf die Aktion ein.

Bereits vor rund drei Wochen habe das Vokalensemble seine Kritik an Woelki in einem Brief adressiert und seitdem keine Antwort erhalten, sagte Timpe der Deutschen Presse-Agentur. In dem Schreiben sei unter anderem gefordert worden, dass „System der Angst“, das Woelkis sehr konservative Amtsführung begleite, zu beenden.

Der Kardinal hatte 2020 eine Krise im größten deutschen Bistum ausgelöst, als er entschieden hatte, ein Gutachten zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Missbrauchsvorwürfen nicht zu veröffentlichen und dafür rechtliche Gründe angeführt hatte. Anfang März hat er die Leitung des Erzbistums Köln nach einer fünfmonatigen Auszeit wieder übernommen.

(dpa)