30 Mitarbeiter des Gesundheitsamts kümmern sich um Kontaktpersonen von Infizierten Telefonieren gegen die Verbreitung des Coronavirus
Wuppertal · Um die Zahl der Infizierten einzudämmen, müssen möglichst viele Personen, die sich angesteckt haben könnten, in Quarantäne.
Derzeit wird viel über die geplante Handy-App zur Kontaktverfolgung gesprochen. Noch müssen die Behörden ohne dieses Hilfsmittel auskommen. Wie, das erklärt Matthias Buntrock-Schweer, Leiter der Abteilung Infektions- und Umwelthygiene beim Wuppertaler Gesundheitsamt. Und auch, was mit Kontaktpersonen passiert.
Insgesamt 30 Personen auf 14 Stellen arbeiten daran, bei jeder positiv getesteten Person möglichst schnell die Kontaktpersonen zu finden. Das Ziel ist, weitere Ansteckungen zu verhindern. „Man nennt das Containment“, sagt Matthias Buntrock-Schweer, man versuche, die Fälle zu isolieren.
„Man hat nur wenig Handlungsspielraum“, erklärt er. Denn es dauere nur wenige Tage von der Ansteckung, bis der Angesteckte wieder andere infizieren kann. „Die Viren müssen sich erst vermehren“, so Buntrock-Schweer. Je mehr Viren der Infizierte abbekommen hat, desto schneller vermehren sie sich in seinem Rachen. Sind es entsprechend viele, können sie wieder auf andere Personen übertragen werden. Um das zu verhindern, wird jeder positiv Getestete gefragt, mit wem er Kontakt hatte in der Zeit bis zu 14 Tagen, bevor Symptome auftraten.
Kontakte werden nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) Kategorien zugeordnet. Zur Kategorie I gehören zum Beispiel „Face-to-Face-Kontakte“ mit weniger als zwei Metern Abstand von mindestens 15 Minuten und Kontakte durch Sekrete etwa beim Husten oder Küssen. Zur Kategorie II gehören Face-to-Face-Kontakte von weniger als 15 Minuten oder der Aufenthalt im selben Raum. Nur flüchtige Begegnungen, etwa im Supermarkt, werden nicht aufgenommen. „Das ist zu unkonkret“, erklärt Buntrock-Schweer. Meistens könne man diese Personen ohnehin nicht mehr identifizieren.
Die Kontakt-Personen werden angerufen, über die Situation aufgeklärt. Personen mit Kategorie II-Kontakt wird eine häusliche Isolation empfohlen, bei Personen mit Kategorie I-Kontakt wird per Ordnungsverfügung Quarantäne angeordnet. Dann dürfen sie 14 Tage ihre Wohnung nicht verlassen. Wer mit Familie lebt, soll sich wenn möglich, auch von dieser separieren. Geklärt wird auch, wer die Person mit Lebensmitteln versorgen kann.
Menschen müssen ein
Symptom-Tagebuch führen
Die Reaktionen der Angerufenen seien unterschiedlich, berichtet Buntrock-Schweer. Manche freuten sich über die unverhoffte Ruhepause, andere hätten Angst, krank zu werden. „Und manche finden die Vorstellung unerträglich“, so Buntrock-Schweer. Er betont, dass das Gesundheitsamt zum Aussprechen der Quarantäne verpflichtet ist. Und ein Verstoß gegen die Auflagen eine Straftat.
Die Menschen in Quarantäne müssen ein Symptom-Tagebuch führen und regelmäßig ihre Körpertemperatur messen. Täglich rufen Mitarbeiter des Gesundheitsamts an. Besteht anhand der Symptome ein Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung, wird ein Test veranlasst. Hat die Person ein Auto, wird sie zur Abstrich-Station auf Linde bestellt, sonst kommt ein mobiles Test-Team zu ihr nach Hause. Ist dieser Test positiv, beginnt erneut die Kontakt-Suche. Das sei wie „der Einschlagskrater eines Meteoriten“, beschreibt es Buntrock-Schweer. Um jeden Fall gebe es neue Kontaktpersonen, die sie prüfen müssten. „Dazu gibt es keine Alternative.“
Das Personal des Gesundheitsamts wurde zur Bekämpfung der Pandemie auf 120 Mitarbeiter verdoppelt. Verstärkung kam aus der übrigen Stadtverwaltung und auch einige Medizinstudenten gehören per Werkvertrag zum Team. Die könnten besonders gut helfen, wenn die Angerufenen Rückfragen zu Symptomen haben. „Wir nehmen gern mehr“, wirbt Buntrock-Schweer. Auch Studenten anderer Fächer wären ihm willkommen.
Zusätzlich zu den eigenen Räumen neben der Rathaus-Galerie hat das Gesundheitsamt weitere große Räume im Elberfelder Rathaus bezogen. Dort arbeiten die Kontaktverfolger in einer Art Call-Center – „nicht zu eng“, wie Buntrock-Schweer betont. Und sie trügen dort schon seit Wochen Mund-Nase-Schutz. Die Mitarbeiter telefonieren und führen darüber Buch in einer Datenbank, so dass auch nach Schichtwechsel klar ist, wer bereits erreicht wurde, wer nicht. Gleichzeitig müssen die Daten in ein System des RKI für meldepflichtige Krankheiten eingepflegt werden.
„Die Arbeit ist sehr anstrengend“, sagt Buntrock-Schweer. „Die Kontaktsuche muss immer innerhalb weniger Tage passieren.“ Denn nur wenn sie die Kontaktpersonen isolieren, bevor sie ansteckend werden, können sie weitere Infektionen verhindern.