Digitalisierung „Wuppertal will sich als digitaler Vorreiter positionieren“

Analyse Wuppertal will „Smart City“ werden. Die höchste Hürde auf dem Weg dorthin: Der Fachkräftemangel im IT-Bereich.

Die 15 führenden Städte im Smart City-Ranking.

Foto: obs/Roland Berger

Wuppertal ist eine von 50 Städten, die in den kommenden Jahren zur Smart City werden wollen. Der Digitalverband Bitkom hat jetzt in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software-Engineering (IESE) den Smart-City-Atlas erstellt, einen ersten ausführlichen Blick auf die Digitalisierung der Städte.

Wuppertal trat wie viele andere Smart-City-Städte den großen Schritt in Richtung digitale Welt erst an, als öffentliche Gelder lockten. „Regionale Förderprogramme und Wettbewerbe wie ,Digitale Stadt‘ waren die Initialzündung für viele Smart-City-Initiativen in Deutschland“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Die meisten Städte wollen die Vorteile der Digitalisierung vor allem verwaltungsintern einsetzen (98 Prozent) oder damit die Mobilität der Stadt verbessern (92 Prozent) - Wuppertal liegt also genau im Trend. Mithilfe der Automatisierung möchte die Stadt insbesondere im Verwaltungsbereich den Herausforderungen des demografischen Wandels, dem Fachkräftemangel und dem wachsenden Kostendruck etwas entgegensetzen. Kämmerer Johannes Slawig betont stets, dass er mit dem Smart-City-Projekt Stellen einsparen kann, die er sowieso nicht mehr qualifiziert besetzt bekommt - um so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

Neben den Chancen benennt der Bitkom-Atlas auch die Herausforderungen der Digitalisierung. „Fast die Hälfte aller befragten Städte nennt zunächst mögliche Ängste und Widerstände der Bevölkerung und der Verwaltungsmitarbeiter als Herausforderung beim kommunalen Digitalisierungsprozess“, heißt es in dem Bericht.

Eine 60 Seiten starke Digitalisierungsstrategie

Wuppertal hat das Problem erkannt und formulierte in seiner 60 Seiten starken Digitalisierungs-Strategie „digiTal 2023“: „Die Beschäftigten auf dem Weg zur Digitalisierung mitzunehmen, wird ein wesentlicher Schlüsselfaktor für den Erfolg der Strategie sein.“ Laut Johannes Slawig sind die Verwaltungsmitarbeiter bei dieser Mission aber auf einem guten Weg: „Nach meiner Einschätzung stoßen wir bei den Mitarbeitern im großen Maße auf Neugier und große Bereitschaft mitzumachen.“ Inzwischen gebe es intern mehr Vorschläge für mögliche digitale Projekte als überhaupt umsetzbar seien.

Der Bürger wird im kommenden Sommer mit dem Start des neuen Serviceportals einen ersten Vorgeschmack auf die neuen digitalen Leistungen bekommen. Zugegebenermaßen tut die Stadt damit zunächst erst einmal einen kleinen Schritt und lässt Bürger von zu Hause aus die einfachsten Erledigungen machen wie Anwohnerparkausweise zu beantragen oder Personenstandsurkunden und einfache Melderegisterauskünfte einzuholen.

Fahrzeuge sollen künftig online zugelassen werden können

In Zukunft wird viel mehr möglich sein. Beispiel: KFZ-Zulassung. Der Bundesrat hat erst im Februar eine Verordnung der Bundesregierung gebilligt und so den Weg für ein komplett digitales Verfahren geebnet. Autos neu zuzulassen, eine Umschreibung oder eine Adressänderung vorzunehmen, das alles soll in Zukunft digital von der Couch aus möglich sein. Mitmachen können allerdings nur Bürger, die einen neuen Personalausweis mit eingeschalteter Online-Funktion, ein Ausweis-Lesegerät und ein aktuelles Smartphone besitzen.

Das Beispiel lässt erahnen: Ein Teil der Bevölkerung wird diese neue Möglichkeit nicht nutzen wollen - oder können. Slawig betont, dass die Stadt gewisse analoge Services nie einstellen wird. Während in einigen Bereichen zweigleisig gefahren werden kann, ist der persönliche Kontakt in anderen Ämtern unerlässlich. Das gilt für so gut wie alle Services, die das Einwohnermeldeamt anbietet. Für das Beantragen von wichtigen Ausweis-Dokumenten wird der Gang zur Behörde wohl noch länger unerlässlich bleiben. „Das ist vom Bund so gewollt. Ich könnte mir da auch manche Dienstleistungen digital vorstellen“, sagt Slawig.

„Wuppertal will sich als digitaler Vorreiter positionieren“, stellt der Bitkom-Atlas fest. Und mit einem Leuchtturmprojekt wie dem Reallabor zur „KI-basierten Mobilität“ im Bergischen Städtedreieck, könnte die Stadt eine Duftmarke setzen, die sie von anderen Smart Citys abhebt.

Auf dem Weg zur digitalen Kommune muss dann nur noch eine der größten Hürden, die auch im Bitkom-Atlas genannt wird, überwunden werden: den Personalengpass bei den IT-Fachleuten. Die Nachfrage steigt und wie Slawig wissen lässt: „Den Fachkräftemangel im IT-Bereich haben wir heute schon.“ Seit zwei Jahren ist die Stelle des stellvertretenden Amtsleiters im Amt für Informationstechnik nicht besetzt.