Kolumne Wuppertaler Brandinspektor: Ein Feuerwehrmann ist immer im Dienst
Wuppertal · Matthias Dietrich spricht über seine Erlebnisse bei der Freiwilligen Feuerwehr Wuppertal.
Ich bin in meinem PKW in Wuppertal unterwegs. Plötzlich stockt der Verkehr vor mir. Ich erkenne zwei deformierte Fahrzeuge, die vor mir mit eingeschalteter Warnblinkanlage leicht schräg auf der Fahrbahn stehen. Einige Personen laufen aufgeregt umher. Ich halte mein Fahrzeug vor der Unfallstelle an und greife zur Warnweste. Im Laufschritt begebe ich mich zu den Autos. Es scheint sich um einen Auffahrunfall zu handeln. Die Deformierung der Fahrzeuge helfen bei der Orientierung über die Wucht des Aufpralls.
Im vorderen Fahrzeug sitzen zwei Insassen und werden von einer Ersthelferin betreut. Der Fahrer des zweiten Unfallwagens scheint unverletzt – er hat das Fahrzeug verlassen und steht erschrocken am Fahrbahnrand. Auch wenn ich mich in meinem privaten Leben und ohne die übliche Vorlaufzeit einer Alarmierung in einem Einsatzgeschehen befinde, laufen bei mir die gleichen Mechanismen wie bei einem herkömmlichen Feuerwehreinsatz an. Sind Maßnahmen zur Verkehrsabsicherung erforderlich? Schließlich ist es eine der wichtigsten Aufgaben, die Einsatzstelle dahingehend abzusichern, dass keine Fahrzeuge in die Unfallstelle hineinfahren. Durch den Rückstau auf der Straße ist derzeit keine besondere Gefahr gegeben. Anschließend überprüfe ich, ob die Fahrzeuge durch Wegrollen oder Umkippen gefährdet sind. Auslaufende Flüssigkeiten erkenne ich nicht.
Nun spreche ich die Ersthelferin am vorderen Fahrzeug an. Dem Fahrer hat der Aufprall auf den Airbag aufgrund seiner Brille leichte Schnittwunden zugefügt. Beide Insassen klagen ferner über Schmerzen im Rücken und Nackenbereich. Daher beschließen wir, sie bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes im Fahrzeug zu belassen. Dies ermöglicht später eine schonende Rettung. Insbesondere bei Verletzungen im Nacken- und Rückenbereich muss immer mit einer Schädigung der Wirbelsäule gerechnet werden. Mir wird mitgeteilt, dass die Polizei und der Rettungsdienst verständigt worden wären. Trotzdem rufe ich die Leitstelle der Feuerwehr an und informiere genauer über Art und Umfang des Unfalls. Dort erfahre ich, dass bereits zwei Rettungswagen, ein Notarzt und ein Löschfahrzeug auf dem Weg sind.
Gemeinsam mit der Ersthelferin betreue ich die Fahrzeuginsassen und versuche, beruhigend auf sie einzureden. Für jeden Unfallbeteiligten ist dies eine besondere Situation und daher ist eine intensive Begleitung von großer Wichtigkeit. Den Fahrer des zweiten Fahrzeuges versuche ich hierbei im Blick zu behalten. Obwohl er unverletzt scheint und mir dies auch bestätigt hat, ist natürlich nicht auszuschließen, dass er Verletzungen oder einen Schock erlitten hat. Nach einer ganzen Weile hören wir die Sirenen der ersten Einsatzfahrzeuge. Zunächst trifft ein Polizeifahrzeug an der Einsatzstelle ein. Kurz darauf erreichen der erste Rettungswagen und der Notarzt die Einsatzstelle. Einige Minuten später sind dann auch der zweite Rettungswagen und ein Löschfahrzeug vor Ort.
Ich weise die Einsatzkräfte kurz in die Lage ein und übergebe die beiden Patienten an das Rettungsdienstpersonal. Sie beginnen mit Ihrer Arbeit und machen bei beiden Personen einen medizinischen Check. Die Besatzung des Löschfahrzeuges stellt einen Feuerlöscher bereit und klemmt die Batterien der Unfallfahrzeuge ab.
Gemeinsam mit der Ersthelferin stehe ich etwas abseits und betrachte das Szenario, in dem ich ansonsten im Rahmen meiner normalen Einsatztätigkeit unmittelbar eingebunden bin. Es ist schon eine andere Rolle, unvorbereitet und im privaten Umfeld direkt Betroffener zu sein. Ich freue mich, dass ich hier helfen konnte, und denke, dass es kein Zufall war, dass eine Krankenschwester und ich an dieser Unfallstelle angehalten und geholfen haben. Allein in Wuppertal sind mehr als 1000 Menschen bei Berufs- oder Freiwilliger Feuerwehr tätig. Gemeinsam mit den vielen Aktiven der verschiedenen Hilfsorganisationen, der Polizei, des THW und den Bediensteten im medizinischen Bereich sind wir eine große Personenzahl, die täglich außerhalb unserer Arbeitszeiten als potenzielle Ersthelfer in unserer Stadt unterwegs sind. Wir helfen dort, wo wir gebraucht werden, und ich stelle mir die Frage, ob sich die Bürger unserer Stadt dieses kostenlosen „Sicherheitsupgrades“ bewusst sind.
Ich hoffe und appelliere, dass natürlich auch alle nicht beruflich vorgeprägten Bürger unserer Stadt sich der Pflicht zur Hilfeleistung in Notlagen bewusst sind und auch helfen, wenn sie gebraucht werden. Denn helfen kann jeder, alleine durch das Absetzen des Notrufs oder durch die hoffentlich bekannten Maßnahmen zur Ersten Hilfe.