Corona-Krise Wuppertaler Buchhändler empfehlen Lektüre gegen die Einsamkeit
Vier Experten geben Lesetipps für eine Zeit, in der sonst das kulturelle Leben stillsteht.
Dank des Coronavirus steht das öffentliche Leben aktuell weitgehend still – das gilt auch für die Kultur. Theater, Konzerthäuser und Ausstellungen sind derzeit geschlossen. Ganz auf Kultur verzichten muss man aber auch in Zeiten des Virus nicht, denn Lesen ist und bleibt erlaubt. Die Westdeutsche Zeitung hat vier Wuppertaler Buchhändler nach ihren Lesetipps für die Zeit mit Corona gefragt. In allen Buchhandlungen können Bücher auch online oder telefonisch bestellt werden und kommen dann per Post oder Bote direkt an die Haustür.
Zu den Lieblingsbüchern von Michael Kozinowski von der Buchhandlung Klaus von Mackensen an der Laurentiusstraße in Elberfeld gehört „Finsterthal“ (DTV, 15,90 Euro) ein Thriller von Linus Geschke. In Berlin, Bayern und Hessen verschwinden plötzlich Mädchen. Der Ex-Polizist Alexander Born nimmt sich zunächst eher widerwillig der Sache an und begibt sich auf die Spur des Mannes, der sich der Dunkle nennt. Wo er auftaucht, verschwinden die Mädchen. Anfangs geht er noch von ganz gewöhnlichen Entführungsfällen aus. Ein Täter, drei Opfer. Doch in diesem Fall ist nichts, wie es scheint, und hinter jeder Wahrheit verbirgt sich eine weitere. „Spannend finde ich, dass es deutsche Orte und Regionen sind, die man durchaus wiedererkennen kann. Der Krimi ist sehr nahe an der Realität.“
Wie eine zufällige Begegnung das Leben verändern kann
Als zweiten Lektüretipp hat Michael Kozinowski „Die Saiten des Lebens“ (HarperCollins, 16 Euro) von Hazel Prior. Die Handlung spielt in Irland. Harfenbauer Dan ist etwas verschroben und hat sich auf einem Bauernhof zurückgezogen. Er kennt nichts anderes als seine keltischen Harfen. Doch plötzlich lernt er Ellie kennen – eine Hausfrau, die sich bislang ihrem Mann untergeordnet hat. Sie hat sich aber inzwischen emanzipiert und kommt bei einem Spaziergang an einer Scheune voller Harfen vorbei. Sie will das Spielen der Harfe lernen und der skurille Dan wächst ihr immer mehr ans Herz. „Wie so eine zufällige Begegnung das Leben total verändern kann, geht einem beim Lesen zu Herzen und ist sehr berührend.“
Buchhändlerin Kerstin Hardenburg vom Glücksbuchladen an der Friedrichstraße 52 in Elberfeld hat zwei „All-Time-Favorites“ parat. Der erste ist „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ (Piper-Verlag, 22,99 Euro) von Joel Dicker. „Das ist ein anspruchsvoller Krimi, von dem auch Menschen begeistert sein werden, die sonst keine Krimis lesen. Es werden immer wieder Dinge aufgedeckt, die die Ermittlungen in eine neue Richtung lenken. Man weiß bis zum Ende nicht, wie und warum etwas passiert. Der Schluss ist dann total überraschend.“ Die Geschichte: Im Garten des hochangesehenen Schriftstellers Harry Quebert wurde eine Leiche entdeckt. Und in einer Ledertasche direkt daneben: das Originalmanuskript des Romans, mit dem er berühmt wurde. Als sich herausstellt, dass es sich bei der Leiche um die sterblichen Überreste der vor 33 Jahren verschollenen Nola handelt und Quebert auch noch zugibt, ein Verhältnis mit ihr gehabt zu haben, ist der Skandal perfekt. Quebert wird verhaftet und des Mordes angeklagt. Der einzige, der noch zu ihm hält, ist sein ehemaliger Schüler und Freund Marcus Goldman, inzwischen selbst ein erfolgreicher Schriftsteller. Überzeugt von der Unschuld seines Mentors – und auf der Suche nach einer Inspiration für seinen nächsten Roman – fährt Goldman nach Aurora und beginnt auf eigene Faust im Fall Nola zu ermitteln.
Manchmal kann die
Idylle auch die Hölle sein
Der zweite Favorit stammt von Juli Zeh und trägt den Titel „Unterleuten“ (btb, 12 Euro). Manchmal kann die Idylle auch die Hölle sein. Wie das Dorf Unterleuten irgendwo in Brandenburg. Als eine Investmentfirma einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten will, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange Zeit unterdrückt wurden. Denn da ist nicht nur der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern, die mit großstädtischer Selbstgerechtigkeit und Arroganz und wenig Sensibilität in sämtliche Fettnäpfchen der Provinz treten. Da ist auch der nach wie vor untergründig schwelende Konflikt zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern. Kein Wunder, dass im Dorf schon bald die Hölle los ist. „Zeh schreibt absolut faszinierend. Sie kann Charaktere so wunderbar beschreiben. Meist stimmt an der Oberfläche noch alles. Beim Bohren in die Tiefe kommt dann aber die Wahrheit ans Licht.“
Die Buchhandlung Baedeker an der Friedrich-Ebert-Straße 31 ist auf Reiseliteratur spezialisiert und verzeichnet auch jetzt in Corona-Zeiten eine gute Nachfrage. „Bei unseren Kunden ganz oben steht aktuell von Stephan Orth „Couchsurfing in China“ (Piper-Verlag, 16 Euro). Der Autor mit Wuppertaler Wurzeln hat sich für drei Monate auf eine Reise durch die Wohnzimmer der neuen Supermacht begeben und liefert durch seine Bekanntschaften mit den Familien ganz neue Einblicke in das Land. Das ist eine sehr spannende Reisereportage, die auf eigenen Erfahrungen beruht“, sagt Bernhard Rohde.
Zwei Lesetipps für den Nachwuchs hat Gesa Jürgensen von der Buchhandlung Jürgensen an der Vohwinkler Straße 1. Der erste betrifft die Serie „Seawalkers“ (Arena-Verlag/14 Euro) von Katja Brandis. „Das ist eine spannende Gestaltenwandler-Serie, in der es um Freundschaft, Kameradschaft und Zusammenhalt geht. Das sind spannende und unterhaltsame Jugendromane, die es auch als Hörbuchausgabe gibt. Geeignet sind die Bücher ab zehn bis zwölf Jahren.“
Der zweite Tipp für die gleiche Altersgruppe ist „Endling“ (DTV, 15,95 Euro) von Katherine Applegate. „Das ist eine wunderschöne, märchenhafte Geschichte mit viel Fantasie. Die Geschichte: Byx ist die Jüngste im Dalkin-Rudel, und wie alle Dalkins besitzt sie eine besondere Gabe: Sie kann Lüge von Wahrheit unterscheiden. Doch in Nedarra werden die Dalkins gejagt. Den Menschen, die sich hier zur Herrschaft aufgeschwungen haben, sind die hundeähnlichen Wesen ein Dorn im Auge. Als Byx eines Tages von einem Streifzug zu ihrem Rudel zurückkehrt, geschieht das Furchtbare: Sie findet all ihre Lieben tot vor, ermordet von den Schergen des Machthabers Murdano.
Ist sie nun ganz allein, die Letzte ihrer Art, der Endling? Oder gibt es doch noch, wie alte Mythen weissagen, andere Dalkins hoch im Norden des Landes? Byx macht sich auf die Suche.