Altkleidung Wuppertaler Fachverbände kritisieren Textil-Richtlinie: „EU-Unternehmen zahlen die Zeche“

Wuppertal · In die Diskussion, wie wir in Zukunft mit alten Kleidern umgehen und inwieweit diese entsorgt werden, schaltet sich nun auch das Kompetenz-Zentrum Textil+Sonnenschutz mit Sitz in Wuppertal ein.

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Diesem gehört der Verband der Deutschen Heimtextil-Industrie (Heimtex) mit dem Fachverband Matratzen-Industrie sowie dem Verband Innen liegender Sicht- und Sonnenschutz an. Wie zuletzt in der WZ berichtet, gilt in der EU seit Beginn des Jahres die sogenannte Getrenntsammlungspflicht für Textilen. Das bedeutet für Verbraucher, dass sie alte Kleidung und Textilien nicht mehr im Hausmüll oder Restmüll entsorgen dürfen. Aber auch für die Textilhersteller soll es neue Bestimmungen geben, die gerade auf EU-Ebene ausgehandelt werden. Abfallrahmenrichtlinie nennt sich das in Amtssprache und ein neuer Entwurf dazu sorgt aktuell für ziemlichen Unmut, ja Alarmstimmung bei den Fachverbänden der Textilindustrie.

Kritik an
Billigplattformen

Im aktuellen Entwurf für die Abfallrahmenrichtlinie würden ausnahmslos alle Alttextilien als Müll definiert, so interpretieren die Wuppertaler Fachverbände die Überlegungen. Damit gelten zuerst einmal alle Textilien im Moment ihrer Entsorgung als Abfall; vom minderwertigen Modeartikel aus sogenannter Ultra-Fast-Fashion bis zu qualitativ hochwertigen Kleidungsstücken, die als Second-Hand-Ware nachhaltig wiederverwendet werden könnten. „Das ist ein Skandal“, heißt es vonseiten des Kompetenz-Zentrums Textil+Sonnenschutz. Wieder einmal denke die EU in Sachen Nachhaltigkeit und Herstellerverantwortung viel zu kurz, so die Meinung der Fachverbände. „Textilien sind kein Abfall – zumindest solche Textilien nicht, die von Qualitätsherstellern produziert wurden. Diese mit minderwertiger Ultra-Fast-Fashion in einen Topf zu werfen, ist der völlig falsche Ansatz“, sagt Martin Auerbach, Geschäftsführer der drei Verbände in Wuppertal. Er mahnt: „Hält die EU an ihren Planungen fest, werden in Zukunft die europäischen Unternehmen im Rahmen der Erweiterten Herstellerverantwortung für die Entsorgung von minderwertiger Billigkleidung globaler Handelsketten und Billigplattformen wie Shein und Temu mitbezahlen müssen.“

Textilien sind kein Abfall – zumindest solche Textilien nicht, die von Qualitätsherstellern produziert wurden“, sagt Martin Auerbach, Geschäftsführer der drei Textilverbände in Wuppertal. Foto: Kompetenzzentrum Textil+Sonnenschutz

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Mit diesem Vorgehen würde die heimische Textilindustrie bestraft, die auf Nachhaltigkeit und faire Standards setze. Am Ende würden Verbraucher, Umwelt und die gesamte europäische Wirtschaft teuer für diese EU-Richtlinie bezahlen müssen. „Lachende Dritte sind einmal mehr Anbieter und Online-Marktplätze aus Drittstaaten, die die europäischen Märkte mit Billigklamotten fluten, für deren Entsorgung die heimische Industrie dann auch noch bezahlen muss. Die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Qualitätshersteller wird damit einmal mehr geschwächt,“ kritisiert Auerbach. Zusammen mit dem Gesamtverband Textil+Mode fordern die Wuppertaler Verbände die EU-Unterhändler auf, endlich die Expertise der Hersteller in die Diskussion einzubeziehen. Auerbach: „Und zwar bevor die Abfallrahmenrichtlinie einschließlich der Erweiterten Herstellerverantwortung ins Mülldesaster führen.“

In Wuppertal sei das jetzt EU-weit geregelte System der getrennten Sammlung von Textilien bereits seit vielen Jahren etabliert, sagte Andreas Spiegelhauer von der Abfallwirtschaft Wuppertal (AWG) unlängst im WZ-Gespräch und verwies auf „eine Vielzahl von Standplätzen mit Altkleidercontainern der AWG für die fachgerechte Entsorgung“. Neben der Abfallvermeidung sei insbesondere auch eine sinnvolle Wiederverwertung im Sinne einer Kreislaufwirtschaft erklärtes Ziel der AWG.