Justiz Gucci-Gang: Prozess um Angriff auf einen 70-Jährigen

Wuppertal · Zwei Mitglieder (beide 14) der Bande sollen den Rentner niedergeschlagen haben. Nun stehen sie vor Gericht.

Das Justizzentrum in Wuppertal.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Am Freitag hat vor dem Amtsgericht der Prozess gegen die beiden 14-Jährigen begonnen, die im Mai einen Rentner (70) an der Heckinghauser Straße brutal zusammengeschlagen haben sollen. Der Mann ist inzwischen ein Pflegefall. Die Jungen sollen zu der sogenannten Gucci-Bande aus Kindern und Jugendlichen gehören, die rund anderthalb Jahre in Wuppertal durch Straftaten aufgefallen ist.

Die beiden Jungen sind wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Laut Anklage wollte der 70-Jährige sie aus dem Hausflur des Mietshauses schicken, in dem sie sich schon öfter unerlaubt aufgehalten hatten. Darüber soll es zu Streit gekommen sein, in dem die Angeklagten gegen seinen Kopf geboxt haben und einer ihm in den Rücken gesprungen sein soll, so dass der Mann mit dem Kopf gegen die Wand prallte. Der 70-Jährige hat eine Hirnstammblutung erlitten, aber laut Anklage kann nicht geklärt werden, was genau diese verursacht hat.

Wegen des Alters der Jugendlichen findet die Gerichtsverhandlung, für die insgesamt drei Tage eingeplant sind, hinter verschlossenen Türen statt. Trotzdem sind mehrere Familienangehörige gekommen, auch wenn sie nicht in den Gerichtssaal dürfen. Es sei ihnen aber ein Bedürfnis, dabei zu sein, erklärte eine Schwägerin des Opfers: „Wir können nicht einfach zu Hause bleiben oder arbeiten, wir müssen einfach hier sein.“

Zum Prozessauftakt
Beschwerde eingelegt

Auch zahlreiche Journalisten sind gekommen, Kameras mehrerer Fernsehsender filmen die Situation auf dem Gerichtsflur. Auskunft gibt ihnen Rechtsanwalt Carsten Rebber, der die Familie des Opfers betreut. Er erläuterte noch einmal, wie falsch er es findet, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft lediglich auf gefährliche Körperverletzung lautet, weil die Staatsanwaltschaft keinen Zusammenhang zwischen der Tat und dem jetzigen Zustand des 70-Jährigen sehe.

Mit dieser Einstufung ist auch verbunden, dass Rebber das Opfer und dessen Familie nicht als Nebenklageanwalt vor Gericht vertreten darf. Dagegen hat er zum Prozessauftakt Beschwerde eingelegt. Über diese Beschwerde muss seinen Angaben nach nun eine Kammer des Landgerichts entscheiden. Das Ergebnis steht noch aus.

Als Zeugin war die Ehefrau des Opfers geladen. Gefasst wartete sie vor der Tür des Gerichtssaals, ihre Nervosität war nur am unruhigen Spiel ihrer Finger erkennbar. „Verzweifelt“ sei sie, erklärt sie auf Nachfrage.

Und dann erzählt sie, dass sie häufig Jugendlichen in ihrem Treppenhaus begegnet sei, die sie beleidigt hätten. „Ich war immer sehr vorsichtig.“ Und sie erinnert sich, wie sie von der Bushaltestelle an dem schicksalhaften Tag das Geschehen beobachtete, wie ihr Mann zitternd zu ihr zurückkehrte. Als sie mehr wissen wollte, habe er gesagt: „Ich konnte die doch nicht schlagen, das sind doch Kinder.“ Dann sei es ihm immer schlechter gegangen, bis er zusammenbrach. Der Rettungswagen habe ihn ins Krankenhaus gebracht, dort sei er nicht mehr ansprechbar gewesen. Jetzt ist er halbseitig gelähmt, kann nicht sprechen, ist bei allem auf Hilfe angewiesen.

Später am Tag berichtet Carsten Rebber, dass die Ehefrau das alles auch als Zeugin vor Gericht erzählt hat. Er hat sie als Zeugenbeistand begleitet. Sie habe dem Gericht auch den Haustürschlüssel gezeigt, mit dem ihr Mann eigentlich die Tür abschließen wollte: Der Bart ist im Verhältnis zum Griff um 45 Grad verbogen. „Daran sieht man die Gewalt, die ausgeübt worden ist.“

Über die beiden Angeklagten berichtete der Anwalt, sie wirkten „wie kleine Kinder“. Einer habe versucht, sich bei seiner Mandantin zu entschuldigen. Er habe einen Brief an ihren Mann vorbereitet gehabt. Doch sie habe diesen und die Entschuldigung nicht annehmen wollen und einen Weinkrampf bekommen. Und dann gesagt: „Ihr versteht nicht, dass wir für den Rest unseres Lebens bestraft sind. Ich werde meinen Mann bis an sein Lebensende pflegen müssen.“ »Seite 17