Freies Netzwerk Kultur Wuppertaler Kulturkolumne: Wirkung in Zeiten von Krisen
Wuppertal · Kommunikationsdesignerin Leonie Altendorf über den Hauptmotivator für Engagement.
Die ganze Welt scheint in Schieflage zu sein. Die Krisen aus allen ihren Ecken prasseln täglich auf uns ein. Die tägliche Nachrichtenlage fühlt sich mitunter ganz schön überfordernd, wenn nicht gar überwältigend an. Ich bin mir sicher, damit nicht alleine zu sein.
Mich lässt es durchaus, ob der Größe der Krisen und Probleme, sehr klein und machtlos fühlen. Was kann ich als Einzelne schon tun? Was kann ich allein denn überhaupt bewirken? Aus dieser Fragestellung heraus ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Wirkung mein wichtigstes Instrument geworden. Die für mich beste Strategie, mich in dieser Welt irgendwie zurechtzufinden.
Wir wollen wirken. Wirksamkeitserfahrung ist eine unserer wichtigsten Grundbedürfnisse, damit werden wir schon geboren und es stellt Meilensteine in einer gesunden Entwicklung von Kindern dar. Jedoch kann dieses Bedürfnis schon mal in einem Gefühl der Überwältigung untergehen.
Wirkung ist auch der Hauptmotivator für Engagement jeglicher Art. Ich möchte wirken, ich möchte etwas tun, etwas Gutes beitragen, zur Gemeinschaft, zu dieser Welt, den Krisen etwas entgegensetzen.
Da stoße ich hin und wieder an meine Grenzen und frage mich, wie man verhindern, kann übers Ziel hinauszuschießen. Wie kann ich gezielt wirken und mein Engagement und meine Kompetenzen gezielt einsetzen? Vor allem im Rahmen meiner Ressourcen? Sobald es um das Thema Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement geht, hat man schnell mit diesen Ressourcengrenzen zu tun. Entweder mit den eigenen persönlichen oder monetären Grenzen, in den meisten Fällen mit beiden. Hier lohnt es sich, weiter Fragen zu stellen und, um blindem Aktionismus vorzubeugen, in einen gesunden Reflektionsprozess einzusteigen. Das eigene Denken und Handeln einmal auf den Prüfstand stellen und nochmal von hinten anzufangen. Jawohl, von hinten.
Das erscheint erstmal ungewohnt, aber oft tendieren wir dazu, in eine schnelle Lösungssuche zu gehen. Manchmal sind wir auch ganz verliebt in eine Lösung und eine damit verbundene Projektidee. Ich versuche, mir anzugewöhnen, Probleme oder Aufgabenstellungen von der Wirkung her zu denken. Also nicht nur lösungsorientiert zu denken, sondern wirkungsorientiert. Das Denken noch ein paar Schritte weiterzuschicken, über die vermeintliche Lösung hinaus. Welche Wirkung erreiche ich, wenn ich das jetzt so mache? Vielleicht ist es für mich eine Lösung, für andere aber nicht?
Mein Handeln könnte für andere gar keine Auswirkung haben, oder sogar eine negative? Was möchte ich denn eigentlich erreichen? Was ist mein Ziel und wie kann ich den Fokus auf dieses Ziel legen? Mit diesen Fragen im Hinterkopf erhöht sich die Chance, dass ich am Ende tatsächlich Wirkung erziele. Dies sind Fragen, bei denen es so viel mehr als eine Antwort gibt. Es ist nie diese eine Lösung und nie dieser eine Weg. Es lohnt sich hier der berühmte Perspektivwechsel, ein Blick aus einer anderen Richtung auf diesen Weg und auf die Menschen auf diesem Weg.
Ich mag das Bild der Brillen. Jeder Mensch schaut durch eine Brille auf diese Welt, und bei jedem sieht dieser Blick anders aus. Oft merke ich, dass mein Blick auf die Welt weiß und westlich geprägt ist, selbstverständlich davon ausgehend, dass das, was mir gut und sinnvoll erscheint, doch für alle gut und sinnvoll sein muss. Einfühlungsvermögen und Vorstellungskraft und der Blick über den Tellerrand sind dafür unabdingbar. Das klingt so selbstverständlich, doch tendieren wir zu einem gradlinigen „von-A-nach-B“-Denken. Unsere Gehirne mögen es lieber sicher und bequem. Beim Denken mal die Richtung ändern, auch mal einen Umweg gehen, den Blickwinkel ändern, all das sind bewusste Vorgänge, an die wir uns immer mal wieder erinnern müssen.