Jährliche Statistik Wuppertaler Polizei: Kriminalität verlagert sich von der Straße ins Internet

Wuppertal · Die Wuppertaler Polizei hat ihre jährliche Statistik vorgestellt. 2021 gab es im Jahresvergleich weniger Diebstähle und Gewaltdelikte, aber mehr Kinderpornographie.

Polizeipräsident Markus Röhrl will die Aufklärungsquote im Bergischen Städtedreieck weiter steigern.

Foto: Fischer, Andreas

Das Polizeipräsidium hat 2021 geringfügig mehr Straftaten im Bergischen Städtedreieck erfasst als im Vorjahr. Das liegt allerdings an Remscheid und Solingen: In Wuppertal hat die Fallzahl leicht abgenommen. 2020 waren es in der Stadt noch 28 620 Fälle (davon 15 033 aufgeklärt), 2021 waren es 27 727 Fälle (davon 14 443 aufgeklärt). „Das Minus an Kriminalität ist ein Plus für Bürger, die Städte gehören nach wie vor zu den sichersten in ganz NRW“, sagt Polizeipräsident Markus Röhrl. Die Aufklärungsquote sei mit 52,9 Prozent gut. „Gleichwohl können wir nicht zufrieden damit sein. Das ist ein Punkt, an dem wir arbeiten müssen.“ Aufklärung habe eine abschreckende Wirkung und sei damit Prävention.

Eine besonders hohe Zunahme gab es bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. 2021 erfasste die Polizei in Wuppertal 71 Vergewaltigungen, 20 mehr als im Vorjahr. Darunter seien kaum Überfälle auf offener Straße, sagt Dietmar Kneib, Leiter der Kriminalpolizei. „Oft sind das Verabredungen über soziale Netzwerke, bei denen die Opfer jemanden zuhause aufsuchen, den sie nicht kennen.“

Im vergangenen Jahr zählte die Polizei außerdem 234 Fälle der Verbreitung pornographischer Schriften, 90 mehr als im Vorjahr. Dieser Bereich sei im Polizeipräsididium personell verstärkt worden, das merke man, sagt Markus Röhrl: „Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Die Hälfte der sexuellen Gewalt findet in Familien statt, unter Bekannten. Im anonymen, geschützten Raum, in dem die Täter ihre Gewaltdominanz ausüben können.“ Er geht nicht davon aus, dass die Fälle tatsächlich so stark gestiegen sind, sondern sie der Polizei vermehrt bekannt werden.

Im Fall eines Mannes, der in der vergangenen Woche vom Amtsgericht wegen Kindesmissbrauchs und Besitzes von Kinderpornographie zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt wurde, hätten sich anhand des Materials weitere Verdachtsmomente ergeben. Die Polizei habe rund 100 weitere Verfahren eingeleitet, es gebe entsprechend viele weitere Tatverdächtige. Wenn solches Bildmaterial sichergestellt wird, müssten die Beamten mit Datenbanken schnell prüfen, ob die Fotos und Filme bereits bereits bekannt sind – oder ob ein Kind weiterhin in Gefahr ist. In den USA gebe es Initiativen, die das Internet aktiv nach solchem illegalen Material durchsuchen. Über das FBI kämen auch Hinweise an die Wuppertaler Polizei.

Neben der Kinderpornographie gibt es auch andere Delikte, die im Internet begangen werden, vor allem Betrug. „Wir müssen uns dieses Deliktfeld genau anschauen“, sagt Dietmar Kneib. Viele der Spuren seien flüchtig, Daten nur kurz verfügbar oder verschlüsselt. Die Polizei möchte diese Ermittlungen jetzt für das Bergische Städtedreieck in Wuppertal zentralisieren, Spezialisten einstellen und ausbilden. „Das sind nicht nur Einzeltäter“, sagt Markus Röhrl. „Das sind zum Teil gewerbsmäßige Strukturen. Wir haben die Hoffnung, dass wir mit einem Täter eine ganze Reihe von Fällen aufklären können.“

Handwerker haben einen Betrug um 250 000 Euro verhindert

Auch in anderen Bereichen des Betrugs gibt es Auffälligkeiten. „Seit Herbst stellen wir vermehrt gefälschte Impfpässe fest“, sagt Röhrl. Seit November gebe es 121 Verfahren in der Sachbearbeitung. Die Fälschungen seien überwiegend in Apotheken aufgefallen, wenn digitale Zertifikate beantragt wurden, vereinzelt in Gaststätten.

„Eine besonders perfide Masche ist der Betrug älterer Menschen“, sagt Röhrl. Im Bergischen Städtedreieck gab es im vergangenen Jahr 58 vollendete Taten, „und Tausende Versuche“. In einem Fall in Elberfeld sei der Schaden besonders hoch gewesen: Falsche Polizisten hätten bei einer älteren Frau angerufen, sie bedrängt, sodass sie 400 000 Euro aus einem Schließfach holte. Weil sie dabei keinen Kontakt mit einem Kundenberater der Bank aufnehmen musste, habe das niemand verhindern können. In einem weiteren Fall in Cronenberg haben Handwerker in einem Treppenhaus die Übergabe mitbekommen. Sie fanden das Gespräch komisch und haben den Täter mit 250 000 Euro in der Tasche auf der Straße überwältigt.

Ein Mord wurde 2021 in Wuppertal nicht erfasst, aber fünf Fälle von Totschlag und vier fahrlässige Tötungen. Anfang Oktober soll ein ehemaliger Partner eine 32-Jährige in ihrer Wohnung an der Nützenberger Straße mit dem Schlauch einer Shisha-Pfeife erwürgt haben. Dieser Fall ist in der Statistik noch nicht erfasst: Es müssen noch Spuren ausgewertet werden.