Wuppertals junge Schwimmer brauchen Nachhilfe im Becken
Immer mehr Kinder sind unsicher im Wasser — Plätze in Schwimmkursen der Vereine sind dünn gesät. Schulprojekte sollen helfen.
Wuppertal. Unter orangefarbenen und pinken Badekappen schauen gespannte Kindergesichter an den Beckenrand des Freibades Mählersbeck. Auf das Kommando von Sabine Prochnow schwimmen zunächst die Mädchen, dann die Jungen der 5. Klassen des Carl-Duisberg-Gymnasiums (CDG) los. Sabine Prochnow ist Lehrerin an der Schule und Leiterin des Schwimmprojekts. 13 Jahre gibt es das schon. Jedes Jahr wird, wenn das Wetter mitspielt, der Unterricht der 5. Klassen für vier Tage in der Woche ins Freibad verlegt. „Wir versuchen, schwimmschwache Kinder individuell zu fördern und gleichzeitig die Schwimmfähigkeiten guter Schwimmer weiter zu trainieren“, sagt Sabine Prochnow.
Wie lebensnotwendig gute Schwimmfähigkeiten sein können, haben die vergangenen Tage gezeigt: Zwei Kinder sind in Nordrhein-Westfalen beim Baden ertrunken. In Wuppertal passieren Schwimmunfälle zum Glück recht selten. Lediglich fünfmal mussten Rettungskräfte im vergangenen Jahr in den Bädern ins Wasser. Schlimmeres ist dabei nie passiert.
Fachleute sorgen sich dennoch über die steigende Zahl junger Nichtschwimmer in Wuppertal: Jeder zweite Viertklässler kann nicht schwimmen, heißt es bei der DLRG — obwohl noch 75 Prozent der Erstklässler dazu in der Lage sind. „Viele Kinder verlernen das Schwimmen nach dem Seepferdchen wieder, weil sie nicht üben“, sagt Kurt Reiswig von der DLRG. Das liege zum einen an den Eltern, zum anderen aber auch an den vielen Bäder-Schließungen in Wuppertal. Das mache es vor allem für Kinder aus Randbezirken schwierig, kontinuierlich schwimmen zu gehen.
Das galt bis vor kurzem auch für die 11-jährige Sinem vom CDG: „Vor dem Projekt war ich das letzte Mal in der 3. Klasse im Wasser“, erzählt sie. „Seitdem hab ich fast alles wieder verlernt, aber jetzt kann ich wieder eine oder zwei Bahnen am Stück schwimmen.“ Sie hat vor, im Sommer wieder häufiger ins Schwimmbad zu gehen.
So einfach ist das in Wuppertal nicht. Das Hallenbad Vohwinkel und die Bergische Sonne sind geschlossen. Die ehemals städtischen Freibäder Mirke, Eckbusch und Vohwinkel werden mittlerweile von Fördervereinen getragen, ebenso das Bandwirkerbad in Ronsdorf. Nicht ohne Probleme: In der Mirke ist momentan gar kein Badebetrieb möglich, das Freibad Vohwinkel hat finanzielle Sorgen.
Die Schwimmvereine, die selbst um ihre Zeiten in den verbliebenen Bädern kämpfen, haben Schwierigkeiten, diese Lücke zu füllen: „Ich kenne keinen Verein in Wuppertal, der keine Warteliste hat“, sagt Simone Osygus vom Schwimmverband Wuppertal. Laut DLRG liegen die Wartezeiten für Unterricht für Schwimmanfänger zwischen einem halben Jahr in Cronenberg und einem Jahr in Langerfeld.