Wuppertals kleine Zeitverschiebung

In Vohwinkel geht die Sonne später unter als in Oberbarmen.

Foto: dpa

Wuppertal. Die Mondfinsternis am vergangenen Freitag hat es wieder gezeigt: Himmelsereignisse aller Art setzen Menschen in Bewegung. Zur aktuell kaum zu übersehenden Jahreszeit spielt jedoch vor allem die Sonne eine entscheidende Rolle: Am 21. Juni war Sommersonnenwende in Deutschland — und damit bei unserer Entfernung vom Äquator der längste Tag des Jahres. Seitdem werden die Tage kürzer und jede Minute Tageslicht wertvoller. Wer in Wuppertal der Sonne hinterherjagen will, der kann im Laufe des Tages Zeit gewinnen, denn in Vohwinkel geht die Sonne später unter als in Oberbarmen — wenn auch nur eine knappe Minute.

Wenn es in Berlin bereits dämmert, herrscht in Wuppertal noch tiefste Nacht. Der Tagesanbruch variiert je nach Ort und Jahreszeit. Dass die Sonne im Osten auf- und im Westen untergeht, ist bekannt. An Orten, die westlich liegen, geht die Sonne entsprechend der Erdrotation später unter als an östlich gelegenen. Da Wuppertal sich entlang seines namensgebenden Flusses besonders in der Breite nach Osten und Westen erstreckt, ist dieser Effekt auch innerhalb der Stadt zu beobachten, wie Prof. Dr. Peter Wiesen, Professor für physikalische Chemie an der Bergischen Universität und stellvertretender Vorstand für Atmosphären- und Umweltforschung bestätigt. „Das ist ja kein Wunder“, findet er. Die Zeitmessung sei in Deutschland schließlich erst 1893 vereinheitlicht worden. Davor wurde die Ortszeit anhand des Sonnenstands bestimmt — wenn die Sonne am höchsten Punkt stand, war es zwölf Uhr mittags — und war demnach keineswegs überall gleich. „Zwischen Köln und Berlin war das ein Unterschied von einer guten Stunde“, so Wiesen. Das sei vor allem den Nutzern des Zugverkehrs zum Verhängnis geworden, denn dieser habe seine eigene Zeitrechnung gehabt, die von den Passagieren auf ihre jeweilige Ortszeit umgerechnet werden musste.

Auch wenn die Uhren inzwischen in Deutschland und der mitteleuropäischen Zeitzone gleich liefen, sei der Unterschied im Sonnenstand deswegen keineswegs aufgehoben, erinnert Peter Wiesen. Dass die Zeit auf der Uhr wenig mit der tatsächlichen Tageszeit zu tun hat, zeigt sich spätestens bei der umstrittenen Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit, die den Tagesbeginn um eine Stunde verschiebt. So haben wir aufgrund der besonderen Breite des Stadtgebiets auch in Wuppertal eine kleine Zeitverschiebung. „Die eine Minute wird beim Bräunungseffekt wohl nicht viel ausmachen“, scherzt Peter Wiesen. Schließlich müsse man in der Zeit erst einmal von Oberbarmen nach Vohwinkel kommen. Wer vor dem Sonnenuntergang so viel Sonne wie möglich sehen will, sollte sich demnach morgens in Oberbarmen und abends in Vohwinkel aufhalten — oder an einem der zahlreichen Aussichtspunkte, von denen aus der Sonnenauf- und -untergang am schönsten zu sehen ist. jw