Analyse Wuppertals Stadtmarketing ist auf dem Holzweg

Die Studie der Postbank hat vor allem gezeigt, dass das Bild Wuppertals außerhalb der Stadt falsch ist. Und das liegt nicht unbedingt an jenen, die von außen auf Wuppertal schauen.

Foto: Andreas Fischer/dpa

Wuppertal. Zuvorderst ist es für gestandene Wissenschaftler peinlich, Wuppertal ins Ruhrgebiet zu verlegen. Das ist eine Schwäche der Postbankstudie, die in diesen Tagen deutschlandweit die Runde macht und Wuppertal eine eher mittelmäßige Zukunft prognostiziert. Und es sei auch dahingestellt, ob die Datensätze der Hamburger Wissenschaftler, welche das Werk zu verantworten haben, aktuelle oder nur fast aktuelle sind.

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Fakt ist allerdings, dass die Hamburger vom Bergischen Land vermutlich noch nie etwas gehört haben, weshalb Wuppertal bei ihnen im Ruhrgebiet verortet wurde. Vermutlich waren sie davon so überzeugt, dass sie ihre Geografie nicht hinterfragt haben. Damit sind sie freilich nicht allein. Die meisten Menschen außerhalb Wuppertals halten diese Stadt für etwa so groß wie Remscheid, schätzen sie nämlich auf 100 000 Einwohner, und wähnen sie zwischen Kohlenhalden und Hochöfen. Da ist in der Vergangenheit offensichtlich etwas schief gelaufen.

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In Wuppertal kümmert sich seit langen Jahren die teils stadteigene, teils von Unternehmen finanzierte Marketing-Gesellschaft (WMG) darum, den Ruf der Stadt in der Welt, mindestens aber in Deutschland zu mehren. Sie macht das weitestgehend ohne Erfolg. Denn selbst in nur 50 Kilometern Entfernung ist die Stadt von Friedrich Engels und Friedrich Bayer in den Augen der Betrachter ein hässliches unbedeutendes Fleckchen kurz vor Dortmund.

Dabei sind die Mitarbeiter der WMG um deren Geschäftsführer Martin Bang ihrem Wuppertal in spürbarer und tiefer Liebe verbunden. Doch ihr Marketingdenken grenzt anscheinend fast ausschließlich um die Schwebebahn und den armen, kleinen Elefanten Tuffi. Sie kümmern sich um städtische Wirtschaftspreise und darum, dass Wuppertaler schöne, gemalte Plakate von Wuppertal kaufen können. Dazu gibt es das Wahrzeichen in allen Farben, Formen und Variationen — erstklassige Touristenware, aber Käufer sind meist Einheimische.

Der Blick der Marketingexperten geht von innen nach außen. Dass sie dafür das Hauptverkehrsmittel und Wahrzeichen als Vehikel benutzen, liegt auf der Hand. Die Schwebebahn ist in aller Welt bekannt. Aber das nutzt Wuppertal nichts.

Die Bevölkerung der Stadt ist entgegen allen Erwartungen in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen. Statt auf 330 000 Einwohner zu schmelzen, scheint die Steigerung auf 360 000 realistisch zu sein. Nachteilig ist allerdings, dass es sich bei den Zuzügen überwiegend um Menschen aus Südosteuropa handelt, die auf der Suche nach einer Lebensperspektive in das deutsche Sozialsystem kommen wollen. Hinzu kommen Tausende von Flüchtlingen, denen Wuppertal vorbildlich und in einer bemerkenswerten gesellschaftlichen Anstrengung eine Zuflucht gibt. Und sehr wahrscheinlich werden einige dieser jungen Flüchtlinge von heute, die Facharbeiter, Hochschulabsolventen und Arbeitgeber, die Wuppertal morgen braucht.

Bis dahin allerdings braucht diese Stadt auch Zuzug von Menschen, die sofort Potenzial haben und sei es nur in Form von Kaufkraft für den lokalen Einzelhandel. Auf diese Menschen müsste die Stadt mithin ihr Marketing ausrichten. Die Schwebebahn ist als Wiedererkennungswert zwar unschlagbar, und auch das erstklassige Sinfonieorchester sowie das Tanztheater Pina Bausch sind etwas, das Wuppertal nicht verschweigen darf. Aber Wohnortentscheidungen werden nach anderen Kriterien getroffen. Es ist deshalb ein echter Hemmschuh, dass diese Stadt erst jetzt beginnt, sich professionell mit dem Thema Kindergartenplätze zu beschäftigen.

Auf andere Fragen hingegen hat sie längst Antworten gefunden, die das Stadtmarketing heute nicht genügend in den Mittelpunkt stellt: Verglichen mit den umliegenden Großstädten bietet Wuppertal einen erheblichen Wohnraumvorteil. Altbauten, für die etwa in Düsseldorf oder Köln horrende Quadratmeterpreise gefordert werden, sind hier noch erschwinglich — und reichlich vorhanden. Der Freizeitwert gerade für Familien ist dank der vielen Grünflächen und nicht zuletzt wegen der Nordbahntrasse hoch. Ausgezeichnete Schulen wie etwa die Gesamtschule Barmen und das Carl-Fuhlrott-Gymnasium machen Wuppertal mit der Uni und der Junior Uni zu einem erstklassigen Bildungsstandort. Wuppertaler wissen das alles. Stadtmarketing kann helfen, dass all das zum Vorteil Wuppertals auch außerhalb dieser Stadt bekannt wird.