Wuppertals verstecktes Problem auf dem Arbeitsmarkt
Die Jahresbilanz fällt gemischt aus. Während die Arbeitslosenquote sinkt, ist die Zahl der Menschen ohne Arbeit größer geworden.
Zum Jahreswechsel erwartet Martin Klebe, Chef der Agentur für Arbeit, eine Arbeitslosenquote von 8,9 Prozent für die Stadt Wuppertal. Das sind 605 Arbeitslose weniger als im Jahr davor und 3107 Personen weniger als 2010. Ende 2016 lag die Quote noch bei 9,5 Prozent. Doch die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal verfügt über weiteres Zahlenmaterial, das diese Erfolgsmeldung relativiert. Die Arbeitslosenquote ist demnach nur die sichtbare Spitze eines Eisbergs. Wuppertals Probleme auf dem Arbeitsmarkt liegen tiefer. Rechnet man zu den durchschnittlich 16 679 Personen arbeitslos gemeldeten Personen alle Menschen hinzu, die an einer Maßnahme der Arbeitsmarktpolitik zum Beispiel des Jobcenters teilnehmen und daher rechtlich nicht als arbeitslos gelten, stieg die Zahl der Männer und Frauen in Wuppertal ohne Arbeit in 2017 um 1363 Personen auf das Fünf-Jahres-Hoch von 30 873 an.
Die Unterbeschäftigung in Wuppertal ist ein verstecktes Problem, denn zur Beurteilung der Situation auf den Arbeitsmärkten wird oft nur die Arbeitslosenquote als Indikator herangezogen. Bei der Arbeitslosenquote hat sich Wuppertal in den vergangenen Jahren immer mehr dem Landesdurchschnitt annähern können. Die Unterbeschäftigtenquote von 13,7 Prozent in Wuppertal ist allerdings in NRW nur noch in Gelsenkirchen schlechter.
Dabei gibt es zahlreiche Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in diesem Jahr, die von der Arbeitsagentur positiv bewertet werden. „Im Bergischen Städtedreieck hat sich die Beschäftigung sehr dynamisch entwickelt, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse ist gestiegen“, sagt Martin Klebe. „Die Arbeitszeiten werden flexibler“, beschreibt Katja Heck, Geschäftsführerin im operativen Bereich der Arbeitsagentur, eine weitere Tendenz. Von dem Beschäftigungsaufbau im Bergischen Städtedreieck hätten überraschend viele Beschäftigte profitiert, die nicht über eine qualifizierte Ausbildung verfügen — die sogenannten Helfer. „Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Entwicklung bei den Helfern langfristig positiv ist“, sagt Martin Klebe.
Die Zahl der Arbeitslosen ist zwar deutlich unter das Niveau nach der Wirtschaftskrise gesunken, aber Menschen ohne Berufsabschluss machen in Wuppertal rund zwei Drittel (10 728 von 16 679 Personen) der Betroffenen aus. Welche Konsequenzen die Politik daraus ziehen muss? „Die Forderung nach Bildung, Bildung, Bildung kommt nicht von ungefähr“, sagt Klebe. Es werde deutlich, wie wichtig es für eine Vermittlung in eine Arbeitsstelle ist, einen Berufsabschluss vorweisen zu können. Das gelte auch für den Fall, dass ein Wechsel zu einem ganz anderen Arbeitsgebiet erforderlich ist, so Katja Heck.
Die Arbeitsagentur unterscheidet in Helfer, Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Wachsende Chancen eröffnen sich für arbeitsuchende Facharbeiter. Arbeitgeber suchten 2017 durchschnittlich 2147 Arbeitskräfte, das sind 257 Stellen mehr als vor einem Jahr. Zu den Wachstumsbranchen gehören zum Beispiel das Sozial- und Gesundheitswesen, Erziehung und Unterricht sowie der Einzelhandel.
Dagegen gingen in Wuppertal unter anderem Arbeitsplätze im Maschinenbau sowie in der Herstellung von Kraftfahrzeugen und von Kfz-Teilen verloren.