WZ-Kolumne „Begrabt mein Herz in Wuppertal“ Mit Schulgeld die Kaufhof-Miete zahlen?
Uwe Becker findet die Idee gut, die „Else“ an den Neumarkt ziehen zu lassen.
Das Kaufhof-Gebäude in Elberfeld ist imposant. Nach der Schließung der Filiale fragen sich viele: Wie geht es weiter, was geschieht mit dem Haus in dieser Toplage? Wenn man den Originalzustand von 1912 wieder herstellen könnte, ohne die hässliche Vorhangfassade am östlichen Teil zum Neumarkt, würde ich dort glatt selber einziehen. Ich verfolge diesen Gedanken aber nicht ernsthaft, da ich in Unterbarmen in einem gepflegten Altbau untergekommen bin, in dem es sich mehr als vortrefflich logieren lässt.
Aber die Zeit drängt, eine Lösung für das leerstehende Gebäude zu finden. Gerade erst sind die Händler zum Neumarkt zurückgekehrt und bilden dort die einzige anziehende Kraft, müssen sich aber neu und vielfältiger aufstellen. Aber auch im ehemaligen Kaufhof muss wieder Leben entstehen, so schnell wie eben möglich. Ein Vorschlag von Oberbürgermeister Schneidewind, die Stadtbibliothek und die Else Lasker-Schüler-Gesamtschule dort unterzubringen, wird kontrovers diskutiert (gerade kurz gedacht, ob ich „Else Lasker-Schüler*in“ schreiben soll, haha, nein, Quatsch!). Ich finde Schneidewinds Vorschlag nicht schlecht, die Frage ist, wie hoch die Miete wird, das darf nicht zu teuer werden, nur dann hat diese Idee eine realistische Chance. Bei einem Investor und Immobilienhai weiß man leider nie, ob er die Miete plötzlich exorbitant erhöht, und die Eltern dann womöglich Schulgeld bezahlen müssen, wenn die Stadt es nicht mehr finanzieren kann.
Immerhin müssten die Kinder nicht mehr den Paradeberg hochkraxeln, wenn die Schule zum Neumarkt umzieht. Wenn zusätzlich beim Umbau des historischen Gebäudes die Rolltreppen erhalten blieben, würden sich jedoch alle noch weniger bewegen, was jetzt nicht unbedingt wünschenswert ist, da viele Kinder und Jugendliche stark übergewichtig sind. Eine Spielstätte für unseren Bergischen Handball-Club könnte ich mir im alten Kaufhof auch vorstellen, leider sind sie derzeit zu erfolglos. Früher habe ich mich auch für Handball interessiert, nicht so sehr, wie für Fußball, aber als Jugendlicher bin ich oft zu Spielen des Landefelder Turnvereins gegangen, die in der Heckinghauser Halle stattfanden. Wenn ich mich ehrlich erinnere, ging ich hauptsächlich hin, weil im Eingangsbereich einer dieser neuen Getränkeautomaten stand, aus denen man sich für eine Mark eiskalte Cola ziehen konnte. Daheim bei Mutter gab’s nur Tee oder Kranenburger („Trink Wasser, wie das liebe Vieh!“). Heute verachte ich alle Süßgetränke zutiefst.
Im schon viel länger stillgelegten Kaufhof in Barmen hat man übrigens Lösungen gefunden, wie die genau aussehen, weiß ich gar nicht, da ich eher selten in Barmen verweile, eigentlich nur, wenn ich zur Talkshow bei der Concordia-Gesellschaft eingeladen bin, aber das passiert ja auch nicht alle Tage, mehr so einmal im Leben. Oder wenn ich zu Fielmann muss, weil, gut hören kann ich schlecht, nur schlecht sehen kann ich gut. In Barmen habe ich einfach niemanden, den ich oft besuchen möchte oder kann. Manchmal gehe ich zu Fuß nach Barmen. Ich könnte auch ganz woanders hingehen, es ist egal. Es ist ein Spaziergang, nicht mehr und nicht weniger. Gut fünfzig Jahre ist es her, dass ich Barmen für immer den Rücken gekehrt habe. Zunächst zog ich der Liebe wegen in eine Sackgasse nach Hasslinghausen. Relativ schnell ging es dann nach Unterbarmen, später nach Elberfeld, dann wieder Unterbarmen, wieder Elberfeld, wieder Unterbarmen, ich weiß nicht mehr, wie oft, aber jetzt ist es Unterbarmen.
Im Traum zog plötzlich
Peek & Cloppenburg ein
Hier bleibe ich jedenfalls, ob ich nochmal nach Elberfeld ziehe, weiß ich nicht. Im Leben kann so viel passieren, obwohl, wenn ein Umzug fällig wird, kündigt sich das meistens weit im Voraus an: idiotische Nachbarn, Schimmelbefall in allen Räumen oder Nachbarn, die 24/7 Techno hören.
Zurück zum alten Kaufhof und seiner ungewissen Zukunft. Gestern träumte ich, Peek & Cloppenburg wären dort eingezogen, hätten aber ihr Sortiment gütigerweise um Haushaltswaren, Bücher, Elektrogeräte, Backwaren, Massagen und Spielzeug erweitert. Allerdings stünde dann ein anderes großes Haus leer. Ich versuche das heute Nacht realistisch und lösungsorientiert weiter zu träumen. Klar ist, die Else Lasker-Schüler Gesamtschule benötigt dringend eine neue Heimat. Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir die Idee, die Schule im Kaufhof unterzubringen immer besser. Und wenn der Schulgong zur großen Pause ertönt, stürmen fröhlich kreischend ungefähr 1500 Schülerinnen und Schüler auf den Neumarkt und kaufen sich frisches Obst, Eier, Tomaten, Nasi Goreng, Curry Pommes und halbe Hähnchen – oh, glückliche Marktbetreiber.