89-Jähriger muss nach Familiendrama achteinhalb Jahre ins Gefängnis

Die Familie war tief zerstritten. Vor einem Jahr eskalierte dann die Situation in der Garage eines greisen Mannes: Der 89-Jährige griff zu seinem Revolver und schoss mehrfach auf seine Verwandten. Dafür muss er nun mehr als acht Jahre ins Gefängnis.

Hans K. sitzt in einem Rollstuhl in einen Gerichtssaal des Landgerichtes Memmingen vor seiner Rechtsanwältin Anja Mack. Der 89 Jahre alte Mann ist angeklagt seinen Sohn ermordet und einen weiteren Verwandten verletzt zu haben.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Memmingen (dpa) - Ein 89 Jahre alter Mann muss nach einem tödlichen Familiendrama im Allgäu für achteinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Memmingen verurteilte den greisen Sportschützen, der mehrere Waffen legal besessen hatte, am Montag wegen Totschlags und versuchten Totschlags an seinem Sohn und einem weiteren Verwandten.

Ursprünglich war der Mann wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Doch schon die Staatsanwältin war davon in ihrem Plädoyer teilweise abgerückt. Sie hatte zehn Jahre Haft verlangt. Die Verteidigerin hatte kein konkretes Strafmaß genannt, aber eine Verurteilung nur wegen fahrlässiger Tötung gefordert. Der Grund: Der psychologische Gutachter hatte bei dem 89-Jährigen eine Demenz festgestellt. Dadurch war der Mann bei der Tat vermindert schuldfähig.

Der Senior hatte bei einem Streit in seiner Garage Mitte Februar 2015 seinen 65 Jahre alten Sohn erschossen. Der 42 Jahre alte Ehemann der Enkelin des Angeklagten überlebte leicht verletzt. Auf ihn hatte der Mann zwar ebenfalls mit seinem Revolver geschossen, doch zwei Projektile prallten an Handy und Autoschlüssel des Mannes ab. „Sowas kann man normalerweise nur im Drehbuch finden“, sagte der Anwalt der Tochter des getöteten 65-Jährigen dazu. Treffer in den Bauch und ins Bein konnten durch die Gegenstände jedenfalls verhindert werden.

Als der Sohn des Schützen dazukam, traf der 89-Jährige ihn in die Brust. Der Sohn starb später im Krankenhaus, während der 42-Jährige körperlich nur Prellungen davontrug. Der Mann hat aber bis heute psychische Probleme wegen der Tat.

Auslöser der Schüsse war nach Ansicht der Strafkammer, dass der 89-Jährige befürchtete, seine Angehörigen wollten ihm ein Schweißgerät im Wert von etwa 200 Euro entwenden. Offensichtlich habe der Angeklagte die Situation falsch eingeschätzt, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Hasler. Tatsächlich habe der 42-Jährige nur die Schläuche des Schweißgerätes aufräumen wollen. Aus Kränkung darüber, dass seine Verwandten das Gerät gegen seinen Willen mitnehmen wollten, habe der Mann zur Waffe gegriffen.

Hintergrund der Tragödie in Westerheim im Unterallgäu war, dass es in der Familie immer wieder Streit um Geld gab. „Man kann davon ausgehen, dass man sich nichts geschenkt hat“, charakterisierte die Verteidigerin die Zustände. Die beiden späteren Opfer hatten in der Garage des alten Mannes Reifen verladen, als die Situation eskalierte und der Rentner plötzlich seinen Revolver zog.

Der 89-Jährige hatte die Schüsse vor Gericht zugegeben, er habe aber niemanden töten wollen. In seinem letzten Wort betonte er nochmals: „Ich habe meinen Sohn nicht töten wollen.“