Abrüstung am Straßenrand

„Panzerschilder“ aus den Zeiten des Kalten Krieges verschwinden aus NRW. Kaum ein Autofahrer kennt noch ihre Bedeutung.

Düsseldorf. Fast jeder Autofahrer ist schon einmal an ihnen vorbeigefahren. Sie stehen an den Straßen vor Brücken. Auf den kreisförmigen gelben Schildern sind in schwarzer Farbe jeweils zwei durch einen Strich getrennte Zahlen angegeben, zusätzlich befindet sich oft am oberen Rand wahlweise das Piktogramm eines Panzers oder eines Lastwagens. Die Bedeutung der Schilder kennt jedoch kaum ein Autofahrer — die von der Bevölkerung sogenannten „Panzerschilder“ sind eben kein Verkehrsschild wie jedes andere.

Ihre Geschichte beginnt mitten im Kalten Krieg: 1955 war die junge Bundesrepublik der Nato beigetreten. Später beschlossen die Mitgliedsstaaten des Militärbündnisses, auf militärisch bedeutsamen Straßen die Brücken mit den „Panzerschildern“ zu kennzeichnen, um den Fahrern militärischer Fahrzeuge anzuzeigen, ob sie die Brücke mit ihrem Fahrzeug befahren können. In gewöhnlichen Militärkarten war das zulässige Gesamtgewicht für die Brücken nicht eingezeichnet, erklärt Dietmar Jeserich, Oberstleutnant im Generalstabsdienst des Verteidigungsministeriums in Berlin. 1960 wurden die ersten Schilder in Westdeutschland installiert.

Die „Panzerschilder“ heißen bis heute offiziell „MLC-Schilder“ und geben an, mit welcher maximalen „Military Load Class“ (MLC) die jeweilige Brücke befahren werden darf. Die Ketten- und Radfahrzeuge aller Nato-Mitgliedsstaaten sind in eine der verschiedenen MLC-Klassen eingeteilt, deren Zahlen aber nicht das Gewicht in Tonnen angeben, erläutert Jeserich.

Steht auf einem „Panzerschild“ zum Beispiel die Zahl 60 mit einem einzelnen Pfeil unter dem Panzersymbol, dann darf die „Panzerhaubitze 2000“ (MLC-Klasse 60), ein fahrbares Artilleriegeschütz, als einzelnes Kettenfahrzeug noch über die Brücke gesteuert werden — der „Leopard 2“ aber nicht. Mit seinem Gewicht von rund 60 Tonnen ist der Kampfpanzer der Bundeswehr (MLC-Klasse 70) für eine solche Brücke zu schwer.

Nach dem Ende des Kalten Krieges sind viele „Panzerschilder“ aus dem Straßenbild der alten Bundesländer verschwunden, während in den neuen erst gar keine aufgestellt wurden. Moderne Autobahnbrücken sind wegen der erhöhten Anforderungen durch den stärkeren Güterverkehr wesentlich robuster als ältere Modelle. Deshalb hat das Bundesverkehrsministerium bereits im Jahr 1993 die Straßenbehörden angewiesen, die Schilder auf den Autobahnen abzubauen, sagt Angela Gareis vom NRW-Verkehrsministerium. Die Beschilderung müsse nur erhalten bleiben, wenn „die militärische Lastenklasse MLC 50-50/100 unterschritten wird, um Schäden durch militärische Fahrzeuge zu vermeiden“.

Im Westen sind die Schilder in den Kommunen dagegen noch an unzähligen Brücken zu finden. Dabei erklärt das Verteidigungsministerium, es habe 2009 generell darauf verzichtet, die Brücken „in Friedenszeiten“ zu beschildern — also müssten die Schilder auf kommunalen Straßen mittlerweile eigentlich auch abgebaut worden sein. Es bestehe jedoch keine Frist für den Abbau der Schilder, so dass sich die oft klammen Kommunen damit Zeit lassen können.