Anke Engelke: „Für den ESC bin ich nicht gut genug“

Anke Engelke moderiert am Donnerstagabend den deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest.

Hannover. Der deutsche Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) wird umgekrempelt. Nach einer jahrelangen Kooperation mit Stefan Raab und Pro Sieben sucht die ARD nun wieder alleine. Anke Engelke (47) moderiert am Donnerstag das Spektakel „Unser Song für Malmö“.

Frau Engelke, Sie sind bekennender Fan des Eurovision Song Contest. Wann fing Ihre Liebe an?

Anke Engelke: 1974 war mein Initiationsjahr. Ich war neun, und bei mir daheim wurde nicht viel ferngesehen, aber bei Eiskunstlauf, Loriot, Monty Python und dem Grand Prix, wie es damals noch hieß, durften wir Schwestern ins Wohnzimmer kommen und schauen.

1974 war das große Jahr von Abba . . .

Engelke: Genau, Abba gewann damals mit „Waterloo“. Ich weiß noch genau, was für Klamotten die anhatten, hatte ab dann auch Abba-Poster an den Wänden. Ich konnte mich ja nie richtig zwischen Benny und Björn entscheiden und dachte mir: Dann müssen die das eben irgendwie unter sich ausmachen, wer mich mehr liebt (lacht).

Beim ESC geht es nicht nur um Musik. Dass das Spektakel auch eine politische Dimension hat, zeigte sich voriges Jahr in Baku, als Sie die Bekanntgabe der deutschen Punkteverteilung mit einer Bemerkung zur Menschenrechtslage in Aserbaidschan verknüpften.

Engelke: Es ist aber eigentlich ein unpolitisches Festival. Es ist explizit gefordert, dass man sich nicht politisch äußert, insofern habe ich da etwas Verbotenes getan. Mir wurde erst hinterher erklärt, dass es auch richtig Ärger hätte geben können: Für Deutschland und Roman Lob als deutschen Teilnehmer hätte das blöde Konsequenzen haben können. Ohne Witz.

Wie lange hatten Sie über die Bemerkung gegrübelt?

Engelke: Gar nicht, ich bin einfach hingegangen und habe das gesagt. Für mich kamen in Baku zwei Sachen zusammen, die eigentlich nicht zueinander passen: Das urdemokratische Abstimmungsverfahren, das beim ESC im Mittelpunkt steht, und ein Land, bei dem die freie Wahl nicht an erster Stelle steht. Und als ich dann dastand, empfand ich das als einen großen Moment und hatte einfach das Bedürfnis zu sagen: Es ist gut und richtig, dass Menschen wählen dürfen. Lange überlegen konnte ich schon deshalb nicht, weil ich ja ganz schnell das Abstimmungsergebnis auswendig lernen musste — ich wollte nämlich nicht vom Zettel ablesen, weil das bei mir ohne Brille nicht geht.

Sie mischen jetzt schon zum wiederholten Mal beim ESC mit: Sind Sie aufgeregt?

Engelke: Ich bin da gar nicht aufgeregt. Mich blockiert das total, wenn ich nervös bin, dann macht man Fehler. Außerdem habe ich dann ja nix von dem Abend, und das kann nicht Sinn der Sache sein. Ich möchte das schon genießen. Wenn man gut vorbereitet ist, seine Texte gelernt hat, kann man das ganz entspannt angehen — dafür sind ja auch die Proben da.

Sie sind selber Musikerin. Würde es Sie nicht mal jucken, beim ESC teilzunehmen?

Engelke: Nein, dafür bin ich nicht gut genug. Ich finde es schön, dass das Menschen machen, die das können und die davon leben. Ich würde davon ja nicht leben müssen — der Gedanke, mich trotz so vieler arbeitsloser Spitzensängerinnen als Sängerin darzustellen, schmeckt nicht gut.