Autoversicherer bringen Telematik-Tarife auf den Markt
München (dpa) - Telematik-Tarife in der Autoversicherung stehen nach monatelangen Testläufen in Deutschland vor dem Durchbruch. Die beiden größten Autoversicherer Allianz und Huk-Coburg mit zusammen mehr als 18 Millionen Kfz-Kunden wollen die Tarife in den kommenden Monaten auf den Markt bringen.
Bei den Telematik-Tarifen fließt die persönliche Fahrweise in die Prämien-Berechnung ein. Die Allianz plant die Einführung im zweiten Quartal, die Huk-Coburg im dritten. Kleinere Autoversicherer dürften den beiden Versicherungsriesen folgen.
Wie funktionieren Telematik-Tarife?
Bei den Tarifen hängt die Höhe der Versicherungsprämie von der Fahrweise ab. Dabei werden unter anderem die Geschwindigkeit sowie das Brems-, Beschleunigungs- und Lenkverhalten des Fahrers berücksichtigt. Vorsichtiges und vorausschauendes Fahren soll damit belohnt werden. In einigen anderen Ländern sind die Tarife unter dem Namen „Pay as you drive“ (Zahle wie Du fährst) schon etabliert - in Deutschland gibt es bislang erst kleinere Versuche einzelner Versicherungen.
Als einer der ersten Anbieter hatte die Sparkassen-Direkt-Versicherung Telematik-Boxen in die Wagen ihrer Kunden einbauen lassen. Der Versicherungsexperte der Unternehmensberatung Accenture, Werner Rapberger, rechnet grundsätzlich mit einem Erfolg der Tarife, der sich allerdings erst über die Zeit einstellen werde. Je nach Fahrstil und Satz könnten sich einige Kunden aber auch wieder abwenden, wenn sich die erhoffte Ersparnis nicht erfüllt. „Da wird es einige Enttäuschungen geben.“
Warum bringen die Versicherungen die Tarife auf den Markt?
Im Visier haben die Versicherer besonders Fahranfänger: Denn diese sind im Gegensatz zu langjährigen Autofahrern für die Unternehmen ein unbeschriebenes Blatt und somit ein hohes Risiko. „Diese Altersgruppe verursacht erfahrungsgemäß deutlich mehr Unfälle als ältere Fahrer, und die Prämien sind besonders hoch“, sagte Manfred Knof, Chef der Allianz Deutschland, vor einigen Wochen dem „Münchner Merkur“. Im hart umkämpften Markt für Kfz-Versicherungen versprechen sich die Anbieter Wettbewerbsvorteile, weil sie den überwachten Fahrern günstigere Tarife anbieten können. Verbraucherschützer befürchten allerdings langfristig steigende Preise für andere Autofahrer. „Wenn sich das durchsetzt, wird es Nachteile haben für diejenigen, die sich verweigern“, meint Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern.
Muss im Auto eine Telematik-Box eingebaut werden?
Die technische Umsetzung der Telematik-Tarife ist vor allem wegen des Datenschutzes ein großes Thema für die Versicherungen. Es müsse gewährleistet sein, dass niemand die Daten abgreifen kann, sagte Huk-Coburg-Chef Wolfgang Weiler im Januar der „Börsen-Zeitung“. „Diese Anforderung hat sich als nicht ganz einfach erwiesen, um es zurückhaltend auszudrücken.“ Voraussichtlich werde der Tarif im dritten Quartal starten - „falls kein gravierendes technisches Problem auftritt“.
Die Versicherung will offenbar auf eine Telematik-Box setzen. „Die Kosten für den Einbau der Box übernimmt die Huk-Coburg“, sagte Weiler. Die Allianz geht einen anderen Weg und plant ihren Tarif nach Angaben eines Sprechers ohne eine Box. Wie die Kontrolle stattdessen funktionieren soll, will die größte deutsche Versicherung im April bekanntgeben. Nach Informationen aus Versicherungskreisen setzt die Allianz wohl aufs Smartphone. Der Versicherer Axa ist bereits mit einem Telematik-Angebot per App für junge Fahrer am Markt.
Was sind die Vor- und Nachteile der Telematik-Tarife?
Eine fest eingebaute Telematik-Box kann helfen, einen Unfall sofort zu melden oder ein gestohlenes Auto wiederzufinden. Je nach Fahrweise können vor allem junge Autofahrer mit den Telematik-Tarifen Geld sparen. Der Preis dafür ist nach Ansicht von Versicherungsexperte Straub aber hoch: „Der Kunde zahlt mit seinen Daten, um ein paar Euro zu sparen.“ Durch den scharfen Wettbewerb in der Kfz-Versicherung seien die Prämien ohnehin bereits knapp kalkuliert und zu üppige Preise kaum zu befürchten. „Wir raten von solchen Tarifen ab.“ Mit der Zustimmung zur Überwachung des Fahrstils werde der Kunde fremdbestimmt von seiner Versicherung. „Jeder Ausrutscher wird sofort aktenkundig.“