Beben in den USA: Hochspannung unter der Erde
Wissenschaftler rätseln über die Ursache des starken Bebens an der Ostküste der USA — und warnen vor neuen Erschütterungen.
Washington. Einen Tag nach dem heftigen Erdbeben der Stärke 5,8 hat sich das Leben an der US-Ostküste normalisiert. Zwar blieben am Mittwoch in zahlreichen Orten die Schulen geschlossen, insgesamt verlief das zweitstärkste Beben in der Region seit 100 Jahren aber glimpflich: Es gab keine ernsten Verletzungen oder schwerere Zerstörungen.
Am stärksten betroffen die Orte im Bundesstaat Virginia: In der Nähe des Dorfes Mineral hat das Epizentrum des Bebens vom Dienstag gelegen.
Auch im 130 Kilometer entfernten Washington hinterließ das Beben seine Spuren. So bleibt das Washington Monument, ein 170 Meter hoher Obelisk, geschlossen, nachdem Risse an der Spitze worden waren.
Entwarnung gab es gestern im Atomkraftwerk North Anna in Virginia: Zwei Reaktoren, die automatisch abgeschaltet worden waren, sind nach mehreren Stunden mit Notversorgung wieder am Netz.
Dennoch hat das Beben die Menschen an der Ostküste verunsichert. Wie Marcia McNutt, Direktorin der US-Erdbebenwarte Gerological Survey (USGS), erklärt, handelte es sich um ein „ausgesprochen untypisches Erdbeben.“
Während Menschen in Kalifornien in ständiger Angst leben müssen, zittert im Osten der USA der Boden nur selten. Die Beben erreichen auf der Richterskala selten einen Wert über 3,5 und werden höchstens in der Nähe des Epizentrums zur Kenntnis genommen.
Dass sich in einer Gegend, die als „stabil“ gilt, ein starkes Erdbeben ereignet, erklärt die Geologieprofessorin Karen Fischer von der Brown Universität mit kilometertiefen Rissen in der Erdplatte.
Diese sind Folge vulkanischer Kräfte, die vor über 200 Millionen Jahren die europäische und nordamerikanische Kontinentalplatte auseinanderbrechen ließ und so zur Entstehung Amerikas und Europas führten. Bis heute stehen sie unter Hochspannung.
Zudem befände sich das Epizentrum näher an der Erdoberfläche, als es bei Erdstößen an der Westküste der Fall sei — der Grund, warum das Beben in vielen Regionen zu spüren war. Deshalb warnen die Experten vom USGS vor Sorglosigkeit. Die Bevölkerung solle ihre Häuser und Wohnungen so erdbebensicher machen, wie es geht.