Bernhard Paul: Vom Circus zum Imperium

Roncalli: Mit 30 Jahren erfüllte sich Bernhard Paul seinen Traum vom eigenen Circus: Roncalli. Nun feiert er seinen 60. und der Circus den 30. Geburtstag.

Herr Paul, 30 Jahre Circus Roncalli. Was hat sich in der Zeit verändert?

Paul: Wir haben damals mit alten Traktoren angefangen, die pausenlos kaputt gegangen sind. Heute sind alle Wagen restauriert und sehen aus wie neu. Ansonsten ist die Zeit bei uns ein bisschen stehen geblieben. Roncalli ist ein Stückchen heile Welt. Wenn ich einem meiner Künstler sagen muss, dass ich etwas Neues machen will, ist das wie die Vertreibung aus dem Paradies.

Aber der Zeitgeist hat sich doch verändert...

Paul: Es ist das Kunststück, Roncalli zu bleiben und sich trotzdem dem Zeitgeist anzupassen. Eine 16 Minuten lange Seifenblasennummer wie wir sie in unserem ersten Programm hatten, würde heute vielleicht noch acht Minuten dauern. Aber wir werden uns nicht den amerikanischen Verhältnissen anpassen. Da wird zum Teil in drei Manegen gleichzeitig gespielt. Ich habe mir das angeschaut. Alle zehn Sekunden stört ein Eis- oder Popcorn-Verkäufer. Am Ende weiß man gar nicht, was in der Manege passiert ist.

Was ist das Geheimnis von Roncalli?

Paul: Bei uns nehmen die Eltern ihre Kinder mit in den Zirkus. Früher war das umgekehrt. Inzwischen kommen Familien schon in der zweiten Generation zu uns.

Inzwischen ist aus Roncalli ein kleines Imperium geworden. Verliert man da nicht den Überblick?

Paul: Der Circus ist und bleibt ganz klar unser Flaggschiff. Da ist jede Nummer vom Feinsten. Viele andere Sachen machen wir, damit das finanziert werden kann. Gerade war Urs Pilz, der Leiter vom Zirkus-Festival in Monte Carlo, bei uns und hat fast die gesamte Show gebucht. Aber man kann den Circus nicht immer neu erfinden. Darum muss man auch mal etwas Anderes ausprobieren. Und wenn es erfolgreich ist, macht man es weiter. Programme wie "Roncalli meets Classic" oder das Programm mit den Höhnern machen einfach Spaß.

Profitieren davon auch die Künstler?

Paul: Natürlich. Die können mal im Berliner Wintergarten, im Apollo Varieté oder im Stuttgarter Friedrichsbau auftreten. Solche Möglichkeiten gibt es in keinem anderen Zirkus.

Am 20. Mai werden Sie 60 Jahre alt. Haben Sie es jemals bereut, Roncalli gegründet zu haben?

Paul: Nein. Zirkus ist einfach mein Leben. Außerdem habe ich auf den Reisen viele interessante Leute kennen gelernt. Viele davon kommen zur Geburtstagsfeier nach München, auch Rick Parfitt, Pete York und viele andere bekannte Musiker. Spielen werden dort Rudolf Rock und die Schocker. Darauf freue ich mich schon sehr.

Hat Bernhard Paul noch einen Traum?

Paul: Ich möchte eine alte Stadt, ein Stück heile Welt, ohne Ketten, ohne Discounter. Mit alten Kaffeehäusern und einem historischen Kino, in dem nur lustige Filme laufen. Die Leute sollen dort die Welt erleben können, wie sie früher einmal war. Jetzt werde ich aber erstmal unseren historischen Jahrmarkt in Kornelimünster eröffnen.

Zurück zum Circus: Wird das Gastspiel in Düsseldorf verlängert?

Vita Bernhard Paul wurde am 20. Mai 1947 im österreichischen Lilienfeld geboren. Seit 1990 ist er mit Eliana Larible verheiratet und hat mit ihr drei Kinder.

Circus Roncalli 1975 gab Paul seinen Beruf als Art Director einer Werbeagentur auf und gründete den Circus Roncalli.

Projekte Neben dem Circus Roncalli betreibt Paul das Apollo Varieté (Düsseldorf), den Friedrichsbau (Stuttgart) und ist künstlerischer Leiter des Wintergartens (Berlin).