Besuch in der Roncalli-Schatzkammer
Ministerpräsident Armin Laschet war zu Gast im Winterquartier von Zirkuschef Bernhard Paul in Mülheim.
Köln. Es ist wie ein Besuch in einer anderen, längst vergangenen Welt. In den enggestellten Regalen finden sich alte Küchenutensilien und nostalgische Blechdosen genauso wie Spieluhren, Orgeln und Flipper. Fast jeder Quadratzentimeter wird hier genutzt. „In Porz haben wir ein noch mal ein 10 000 Quadratmeter großes Lager und auch das ist bis unters Dach gefüllt“, sagt Bernhard Paul, der Chef des Circus Roncalli, der gerade sein Heimspiel auf dem Kölner Neumarkt hat.
Wie viele Sammlerstücke er besitzt, und seit wann er das Sammeln begonnen hat, kann der gebürtige Österreicher nicht sagen. „Ich sammle eigentlich mein Leben lang und das mit viel Liebe und Freude“, sagt Paul mit Blick auf Teile, die aus einem Kaffeehaus der Donaumetropole stammen. Auch eine historische Feuerleiter aus Wien gehört zur großen Sammlung im Winterquartier des Zirkus in Mülheim. „Und die ist noch voll funktionsfähig“, freut sich Paul.
Am Montagabend führt er einen besonderen Gast durch seine Hallen, Werkstätten und Büros. Es ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der beim gut einstündigen Rundgang aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. „Das ist eine einzigartige Sammlung, ein echter Schatz in unserem Land und kaum ein kennt ihn oder weiß überhaupt, dass es ihn gibt. Das ist schade. Ich hoffe sehr, dass die Idee, daraus ein Museum zu machen, auch umgesetzt wird“, sagt Laschet.
Vor 30 Jahren war zum ersten Mal bei Roncalli im Zirkuszelt. „Das hat mich total begeistert. Zuerst war ich alleine da, dann mit meinen Kindern. Das ist ein Stück meines Lebens. Bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen des Apollo Varietés habe mich länger mit Bernhard Paul unterhalten. Dabei haben wir auch über meinen Vorgänger Johannes Rau gesprochen, der sich sehr dafür eingesetzt hat, dass das Varieté eröffnet werden kann. Und dann hat Paul gesagt, dass ihn seitdem kein Ministerpräsident mehr besucht hat, das wollte ich schnell ändern“, erklärt Laschet, der mit dem neuen alten Sitz der Staatskanzlei in Düsseldorf ein direkter Nachbar des Apollo-Varietés am Rheinufer ist.
Gemeinsam mit dem Zirkuschef geht er an den Regalen vorbei und staunt über so manches Sammlerstück, das Paul ihm zeigt. „Das ist Lebensgeschichte mit den Gebrauchsgegenständen wie Kaffeemaschinen, Kochgeschirr oder den Spieluhren und es ist Zirkus- und Musikgeschichte, die man hier auf eine besondere Art und Weise erleben kann.“
Besonders begeistern den Landesvater die Räume mit den Instrumenten und weiteren Devotionalien der Beatles und der Rolling Stones. Dort finden sich Gitarren von Keith Richard genauso wie ein Verstärker den John Lennon bei „Imagine“ benutzt hat. „Toll sind die Anzüge der Beatles, die waren ja ziemlich klein“, stellt Laschet fest. „Heute wäre eine solche Sammlung nicht mehr möglich. Sie wäre einfach unbezahlbar“, sagt Paul, der auch Instrumente von Eric Clapton besitzt.
Ebenfalls im Winterquartier haben zehn Handwerker ihre Werkstätten von der Schlosserei über die Lackiererei bis zur Tischlerei. „Wir machen hier alles selbst bis zu den historischen Zirkuswagen, mit denen wir unterwegs sind. Unternehmen, die so etwas machen, gibt es heute ja gar nicht mehr. Wir pflegen solche Handwerksberufe schon seit Jahrzehnten“, erklärt der Zirkuschef nicht ohne Stolz. Und sein Gast probiert das Handwerk direkt praktisch aus und lässt sich zeigen, wie man vorsichtig Blattgold auf den Rahmen eines großen Schildes aufträgt. Bis dieses fertig ist, dauert es locker eine Woche — dafür ist das Blattgold auch über Jahrzehnte haltbar.
Gearbeitet wird in den Werkstätten gerade an den Kulissen einer neuen Show für das Apollo Varieté in Düsseldorf. So ist schon der hell erleuchtete Schriftzug „Tropez“ erkennbar. Das Winterquartier am „Circus-Roncalli-Weg“ hat Bernhard Paul seit 1982 in seinem Besitz. Vorher hat dieses der Circus Williams genutzt, wie ein Schriftzug auf einer Außenmauer noch zeigt.
Zur Familie von Johannes Rau pflegt Bernhard Paul bis heute einen guten Kontakt. „Die Familie kenne ich seit mehr als 20 Jahren. Die Kinder sind auch mal bei uns im Zirkus mitgefahren“, erinnert sich Paul, der mit Armin Laschet wohl einen neuen Fan seiner Zirkuswelt und seiner Sammlerleidenschaft gefunden hat.
Service: Der Circus Roncalli ist noch bis zum 21. Mai zu Gast auf dem Kölner Neumarkt, Karten gibt es an der Zirkuskasse, telefonisch unter 0221/96 494 260 sowie online unter:
roncalli.de