Besiegelt Neuwahl in Israel das Ende des Friedensprozesses?
Rückgabe von Ost-Jerusalem an Palästinenser rückt in weite Ferne.
Tel Aviv. Die Zukunft des Friedensprozesses ist nach der Ankündigung von Neuwahlen in Israel ungewiss. Der bevorstehende Wahlkampf, bei dem das Thema Jerusalem eine zentrale Rolle spielt, wird die ganze Kraft der Kadima-Parteivorsitzenden und Außenministerin Zipi Livni in Anspruch nehmen. Sie hatte seit Januar die Verhandlungen geleitet, die bis Ende 2008 in eine Friedensregelung münden sollten.
Der scheidende Ministerpräsident Ehud Olmert, der bis zu den Wahlen am 10. Februar die Regierungsgeschäfte weiter leitet, will zwar weiterhin an einer Einigung mit den Palästinensern arbeiten. Doch nach seinem Rücktritt angesichts von Korruptionsvorwürfen wird sein Mandat für weitreichende Konzessionen gegenüber den Palästinensern, die für eine Friedenslösung notwendig wären, infrage gestellt.
Olmerts Positionen seien zwar lobenswert, schrieb die linksliberale israelische Zeitung "Haaretz". "Die Legitimität der Unterzeichnung von Friedensabkommen durch eine Regierung am Ende ihrer Amtszeit steht jedoch in Zweifel." Der palästinensische Chefunterhändler Ahmed Kureia erklärte, angesichts der politischen Ereignisse in Israel und der internen Schwierigkeiten der Palästinenser sei es unwahrscheinlich, dass die Verhandlungsteams beider Seiten bis Jahresende eine Einigung finden werden.
Die Verhandlungen Livnis mit potenziellen Koalitionspartnern im israelischen Parlament scheiterten unter anderem an ihrer Weigerung, sich zu verpflichten, in der Jerusalem-Frage keine Kompromisse einzugehen. Auch die Palästinenserführung im Westjordanland äußerte sich zufrieden darüber, dass Livni in der Jerusalem-Frage den Gegnern eines Kompromisses nicht nachgegeben habe. Chefunterhändler Kureia, der sich seit Januar Dutzende Male zu Verhandlungen mit Livni getroffen hat, drückte Respekt für ihre Entscheidung aus. "Ohne Jerusalem kann es keinen Frieden geben", sagte er. Wenn Israel Frieden wolle, müsse es "Jerusalem auf den Tisch legen". Dazu sei Livni bereit.
Die Palästinenser wollen im überwiegend arabisch bevölkerten Ostteil Jerusalems, den Israel 1967 im Sechstagekrieg von Jordanien erobert hatte, die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates errichten. Doch die streng-religiösen und rechtsorientierten Parteien im israelischen Parlament bestehen darauf, dass Ost-Jerusalem, in dem heilige Stätten des Judentums, Islams und Christentums liegen, unter israelischer Kontrolle bleibt.
Livnis größter Rivale, der rechtsorientierte Likud-Vorsitzende Benjamin Netanjahu, bekräftigte, er sei nicht zu einer Teilung Jerusalems und zu einem Rückzug auf die Grenzen von 1967 bereit. "Wir werden keine Verhandlungen über Jerusalem führen, die 3000-jährige Hauptstadt Israels", sagte der Oppositionsführer, dessen Partei nur knapp hinter Livnis Kadima rangiert. "Ich habe dies in der Vergangenheit nicht getan, und wir verpflichten uns, dies auch in Zukunft nicht zu tun."