Christine Neubauer: „Ich kann sehr wohl faulenzen“

Porträt: Christine Neubauer dreht fast im Akkord Fernsehfilme. Freitag ist sie als „Erntehelferin“ in der ARD zu sehen.

Hamburg. Die erste Nachkriegszeit, diese Jahre des Hungers und der Armut, seien ihr fast schon eine Heimat, meint Christine Neubauer. Richtig hungrig sieht sie eigentlich nicht aus, während sie einen Teller kräftiger Kürbissuppe in sich hineinlöffelt.

Aber so oft hätte sie Rollen aus jener Zeit gespielt, dass die ihr nahezu ein Zuhause sei: Sie wurde ihr bereits in ihrer ersten Rolle 1987 in der Serie "Löwengrube" vertraut, neulich spielte sie "Die Frau des Heimkehrers" und am Freitag ist sie in der ARD als "Die Erntehelferin" zu sehen mit Götz Otto und August Schmölzer als ihren Partnern.

Oberfranken 1947. Noch keine Währungsreform, dafür Schwarzmarkt, Mangel allerorten, jeder ist sich selbst der Nächste. Und überall sind Flüchtlinge, sie brauchen Arbeit, irgendeine, werden vom satten Herrn Gutsbesitzer ausgenutzt. Neubauer muss als Sudetendeutsche Clara auch noch die vier Kinder ihrer verstorbenen Schwester und deren lädiert aus dem Krieg heimgekehrten Mann ernähren.

Sie pflückt Kirschen im Akkord, wehe, sie steckt davon mal selber eine in den Mund. Zwischendurch stolpert sie über steinige Landwege in einem so bunt geblümten Fähnchen, dass es in den Augen schmerzt. "Finden Sie? Die Mode damals war doch eigentlich ganz lustig, jedenfalls wenn man sie nicht täglich tragen muss", lacht sie und wird gleich wieder ernst.

Ja, das seien arme Zeiten gewesen, damals, als eine Orange noch eine Kostbarkeit war und manch "Frollein" für eine Stange Zigaretten sehr entgegenkommend war. Aber "kommt nicht eine neue Armut auf uns zu, vielleicht mehr psychisch als direkt körperlich?"

Sie denkt an ihren 14jährigen Sohn Lambert und ihren Mann Lambert, Sportchef beim Bayerischen Rundfunk, - und seufzt: "Gerade habe ich irgendwo gelesen, in ganz Europa hätte die Jugend nirgends so geringe Chancen wie bei uns. So weit haben wir es gebracht in einem Land, wo Fleiß nahezu bestraft wird bei diesen irrsinnigen Steuersätzen. Erst neulich habe ich zu meinem Mann gesagt: ,Wir würden besser stehen, wenn einer von uns beiden überhaupt nichts täte.’"

Aber Christine Neubauer mal ohne Arbeit? Einfach so faul im Liegestuhl? Das ist schwer vorstellbar bei dieser Frau, die sich rastlos zu einer der beliebtesten und fleißigsten deutschen Schauspielerinnen hoch gerackert hat. Diese Frau und Nichtstun? "Doch. Das kann ich auch." Die Osterferien beispielsweise sind immer reserviert für Ferien im eigenen Haus bei Marbella.

Aber dann lacht sie wieder: "Leider stehe ich so wahnsinnig gern vor der Kamera." Vielleicht etwas zu gern. Sieben Filme hat sie allein im letzten Jahr abgedreht. In diesem Jahr, sie hebt die Schwurfinger, sollen es weniger sein. Doch sind es wieder nur drei Tage bis zum Drehstart ihres nächsten Films, "Suchkind 312", nach einem Erfolgsroman aus den 50ern, als Kinder auf der Flucht oder in den Nachkriegswirren verloren gegangen waren, wieder gefunden wurden und so manches kleine Drama auslösten.

Zur Person: Christine Neubauer wurde am 24. Juni 1962 in München geboren. Sie ist seit 24 Jahren mit Lambert Dinzinger verheiratet, Sportchef beim Bayerischen Rundfunk. Das Paar hat einen Sohn: Den 14-jährigen Lambert jr.

Zur Figur: Neubauer bezeichnet sich selbst gern als "Vollweib". Am Anfang ihrer Karriere haderte sie mit ihren üppigen Formen, mittlerweile sind sie ihr Markenzeichen. Sie schrieb die Bücher "Vollweib-Training" und "Vollweib-Beauty".