Das neue Super-Gefängnis
Für die Häftlinge gibt es in Ratingen bald Einzelduschen und ein separates WC. Die neue JVA kostet 180 Millionen Euro.
Düsseldorf. Die teure Glasfassade des Eingangsgebäudes täuscht Offenheit nur vor: Sie ist aus explosionsfestem Spezialglas. Das Eingangstor hält einem Panzer stand. Am Stadtrand von Düsseldorf ist in den vergangenen zwei Jahren die größte Investition in den NRW-Strafvollzug seit mehr als 50 Jahren verbaut worden. Das neue Groß-Gefängnis wird drei Haftanstalten ersetzen: Die Ulmer Höh’ in Düsseldorf sowie Anstalten in Duisburg und Oberhausen. 180 Millionen Euro kostet der „Super-Knast“, der Vorbild für eine neue Generation von Gefängnissen werden soll.
Hinter der gut fünf Meter hohen Außenmauer versteckt sich ein ebenso hoher Drahtzaun mit Stacheldraht. Wer sich ihm auf zwei Meter nähert, löst Alarm aus und wird von Kameras ins Visier genommen. Die Sicherheitszentrale ist außerhalb des Zauns, damit das Gefängnis auch im Fall eines Aufstands unter Kontrolle bleibt. Besucher müssen nach der Leibesvisitation durch einen unterirdischen Gang, um jeden Kontakt zu den Gefangenen zu vermeiden. Trotzdem ist das neue Gefängnis dank diverser Aufzüge „barrierefrei“, also behindertengerecht. Das gilt für Gefangene und Besucher.
Im Besucherbereich sind auch die „Liebeszellen“ für Langzeitbesuche von Ehefrauen und Freundinnen. Die neue JVA Düsseldorf wird ein reiner Männer-Knast. Auf 850 Gefangene kommen bis zu 380 Bedienstete. Die Devise lautet: So wenig Personal wie möglich, aber nicht zu wenig, „sonst fliegt einem die Anstalt um die Ohren“, raunt ein Vollzugs-Verantwortlicher. Der Aufstand vor 21 Jahren in der JVA Rheinbach ist nicht vergessen. Drei Tage dauerte es, bis die Meuterei niedergeschlagen war.
400 Bauarbeiter haben das neue Stahlbeton-Domizil hochgezogen. Sie mussten ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen: „Wir wollten nicht, dass hier jemand an seiner eigenen Zelle baut“, sagt der Beamte. Die Fenster der Zellen sind zweifach vergittert: Auf die massiven Gitter-stäbe aus Mangan-Hartstahl kommt noch ein kleinmaschiges Netzgitter, damit nicht, wie in den alten Gefängnissen, Verbotenes ungehindert von Zelle zu Zelle wandert.
Die Zellenwände sind blassgelb, die Zellentüren in lindgrün gehalten. Möglichst viel Tageslicht soll die Energiekosten gering und Gefangene sowie Gefängniswärter bei Laune halten. In den düstergrauen Gefängnissen der 1970er Jahre ist der Krankenstand der Bediensteten enorm hoch, das soll in Ratingen nicht passieren.
Jede der 10,5 Quadratmeter großen Zellen hat eine winzige Sanitärzelle mit WC und Waschbecken. Die Einzelduschen sind auf dem Flur und kein Ausdruck von Luxus, versichern die Verantwortlichen. Gemeinschaftsduschen hält man inzwischen für zu gefährlich. Weil die Gefangenen aus rechtlichen Gründen beim Duschen nicht beobachtet werden dürfen, konzentrieren sich dort brutale Übergriffe und andere Straftaten.
Handy-Detektoren und die Abschirmung der Funknetze sollen verhindern, dass aus dem neuen Knast heraus unkontrolliert kommuniziert wird. Besonders zugeknöpft zeigen sich die Verantwortlichen beim Knast im Knast: Herrscht schon für das Gelände Fotografierverbot, dürfen Besucher in die „Sonderhaftabteilung“, den Hochsicherheitstrakt, nicht einmal einen neugierigen Blick werfen.