Der ESC als TV-Spektakel
Düsseldorf (dpa) - Millionen Menschen in ganz Europa fiebern dem Finale des Eurovision Song Contests entgegen. In der Düsseldorfer Arena kämpfen am Samstagabend ab 21.00 Uhr 25 Nationen um den Europameistertitel im Singen.
Deutschland liegt mit Titelverteidigerin Lena gut im Rennen, aber nicht auf Siegkurs.
Der 19-Jährigen wird allgemein eine Top-5-Platzierung zugetraut. Ganz vorne in den Prognosen lagen am Tag vor dem großen Finale aber Gaga-Pop, große Oper, Mainstream-Rock und „Ein bißchen Frieden“ auf finnisch.
Das irische Zwillingsduo Jedward hat mit Charme, Akrobatik und Klamauk die Herzen der Eurovision-Gemeinde erobert. Der Song „Lipstick“ ist eine knallige Partynummer und liegt bei Fans und in der Google-Prognose vorn. Der französische Opernsänger Amaury Vassili ist mit seiner korsischen Pop-Arie „Sognu“ bei den Buchmachern Favorit, an einen Sieg glaubt aber keiner der Experten. Bei denen liegt die dänische Formation A Friend in London mit ihrem Mainstream-Rock-Song „New Tomorrow“ weit vorn, ebenso wie der junge Finne Paradise Oskar mit seiner Weltenretterhymne „Da Da Dam“.
Bereits am Freitagabend mussten die 25 ESC-Finalisten schon einmal ihr Bestes geben: Um 21.00 Uhr stand das Jury-Finale an. Alle nationalen Jurys müssen bereits dann ihre Punkte abgeben - geheim. Die Jury-Wertung wird am Samstagabend mit der Publikumswahl 50:50 verrechnet. Die Gesamtwertung wird dann in gewohnter Weise bekanntgegeben: „Twelve points go to...“ Für Deutschland wird die Jury-Vorsitzende Ina Müller die Punktwertung live von der großen Grand-Prix-Party auf der Hamburger Reeperbahn bekanntgeben.
Die Zuschauer - erwartet werden bis zu 120 Millionen in ganz Europa - dürfen am Samstag während der Auftritte der Kandidaten per Telefon und SMS für ihren Favoriten stimmen. Der Veranstalter, die Europäische Rundfunkunion (EBU), will damit das Wahlverfahren fairer gestalten - Länder mit niedrigen Startnummern können so nicht in Vergessenheit geraten. Möglicherweise spielt man mit einer längeren Abstimmungsphase aber auch einfach mehr Geld ein - jeder Anruf kostet immerhin etwas, in Deutschland sind das 14 Cent.
Schon vor der Entscheidung steht fest: Der federführende Norddeutsche Rundfunk (NDR) hat ein gelungenes, großes Fernseh-Event abgeliefert. Die beiden Halbfinals lieferten beeindruckende Bilder von einer technisch perfekten Bühne, bis auf einen Kommentatoren-Tonausfall am Anfang gab es keine nennenswerten Pannen, die Organisation der mehrwöchigen Veranstaltung lief ziemlich reibungslos. Die Quote des zweiten Halbfinales am Donnerstagabend war ordentlich: 3,36 Millionen Zuschauer sahen die Show (Marktanteil: 12,4 Prozent). Und das Finale wird mit 36 000 Zuschauern in der Arena die zweitgrößte ESC-Show in der Geschichte sein.
Die Moderatoren Anke Engelke, Judith Rakers und Stefan Raab machten ihre Sache bislang gut - mit klaren Vorteilen für die eloquent-witzige Engelke und Nachteilen für den etwas steifen Raab - der allerdings im Finale für Furore sorgen dürfte, indem er Lenas Siegertitel vom letzten Jahr - „Satellite“ - singt.
Die Kosten für das Fernsehen hielten sich im Rahmen und liegen unter denen der Vorjahre, wie die ARD-Vorsitzende Monika Piel am Freitag nochmals betonte. Die Gebührenzahler in Deutschland müssten rund 12 Millionen Euro aufbringen. „Das norwegische Fernsehen hat 2010 etwa 16,25 Millionen Euro ausgegeben, und Moskau lag noch deutlich darüber“, sagte sie. Die häufig genannte Gesamtsumme von mehr als 25 Millionen Euro sei nicht identisch mit den Fernsehkosten, betonte Piel. „Die ARD hat also die Fernsehkosten für dieses weltweit einmalige Event merklich gesenkt.“ Die Stadt Düsseldorf soll Medienberichten zufolge insgesamt 10 Millionen Euro ausgegeben haben - sie hatte sich im Oktober 2010 überraschend gegen Mitbewerber wie Berlin und Hamburg durchgesetzt.