Der Fall der „Gelben Engel“
Der ADAC hat die Vergabe des Preises mindestens seit 2009 manipuliert. Autobauer schicken ihre Trophäen bereits zurück.
München. Wirklich überraschend ist das Ergebnis der ADAC-Prüfer nicht: Seit Jahren wurde beim Autopreis „Gelber Engel“ (Foto: dpa) geschummelt. Die Teilnehmerzahlen bei der Wahl des Lieblingsautos der Deutschen wurden nach oben korrigiert und die Rangfolge der Fahrzeuge verändert. Die schlimmsten Befürchtungen hätten sich bestätigt, brachte es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf den Punkt, nachdem die externen Prüfer von Deloitte ihren zweiten Untersuchungsbericht präsentiert hatten. Eine Woche zuvor hatten sie bereits Manipulationen bei der diesjährigen Preisvergabe bestätigt. Doch was trieb den mächtigen Automobilclub dazu, dem „Gelben Engel“ derart die Flügel zu stutzen?
Darüber kann man nur spekulieren. Nachdem die „Süddeutsche Zeitung“ den Skandal Mitte Januar aufgedeckt hatte, hatte der langjährige Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“, Michael Ramstetter, die Schuld auf sich genommen. Zu den Gründen — kein Kommentar. Daran hat sich in den vergangenen Wochen nichts geändert. „Keine Ahnung“ heißt es dazu beim ADAC. Stattdessen der Verweis auf den Bericht der Deloitte-Prüfer. Darin heißt es: „Durch diese bewussten Veränderungen wurde eine größere Markenvielfalt in den Top-5-Ergebnissen erreicht.“
Ein Blick auf die Gewinner, die sich in den vergangenen Jahren mit dem Titel „Lieblingsauto der Deutschen“ schmücken durften: VW (2014), Mercedes (2013), Audi (2012), BMW (2011), wieder Mercedes (2010) — anstelle des eigentlich erstplatzierten Audi und VW (2009). 2009 und 2011 wurde Opel in die Riege der beliebtesten fünf Fahrzeuge hochgehoben — von unteren Plätzen.
Eine ausgewogene Siegerliste — zumindest aus Sicht der deutschen Autohersteller. Gründe, die Rechtmäßigkeit des Preises anzuzweifeln, sah man bei Konzernen wie BMW oder Audi nicht. Daimler antwortete entschiedenen: „Nein“, den Kollegen in der Fachabteilung seien nie Zweifel gekommen. Und bei VW hieß es: „Wir hatten in den vergangenen Jahren keinerlei Grund, an der Ehrlichkeit des ADAC zu zweifeln.“
Eigentlich wird Publikumspreisen eine hohe Bedeutung beigemessen — spiegeln sie doch nach Ansicht der Autokonzerne die Meinung der Öffentlichkeit wieder. Doch mit einem „Gelben Engel“, der in Verruf geraten ist, will sich keiner mehr schmücken. Und so erklärten Autohersteller wie Daimler, VW, Porsche, Audi oder BMW, sie würden die Preise wieder zurückgeben. Die Strahlkraft des ADAC-Engels währte nur gut zehn Jahre. Die Engelstrophäen kehren nach und nach zurück zum ADAC. VW hat bereits eine Postsendung an den Automobilclub aufgegeben. Der Inhalt: 19 Engel, völlig glanzlos in einem schnöden Paket verschnürt.