Flugzeugentführung durch Co-Piloten gibt Rätsel auf
Äthiopier kapert die eigene Maschine und fliegt nach Genf statt nach Rom.
Genf. Irgendwann tauchten links und rechts der Maschine Kampfjets auf — dennoch ahnten die meisten der fast 200 Passagiere, unter ihnen mehr als 130 Italiener sowie auch zwei Deutsche, an Bord des Fluges ET 702 von Addis Abeba nach Rom am frühen Montagmorgen nichts Böses. Erst als die Boeing 767-300 zur Landung in Genf statt in Italiens Hauptstadt ansetzte, dämmerte wohl auch dem Letzten: Dies ist eine Flugzeugentführung. Der Entführer war aber kein Finsterling. Stattdessen saß er im Cockpit, trug die Uniform der Ethiopian Airlines und steuerte die Maschine. Es war der Co-Pilot. Dagegen sind selbst die zuverlässigsten Sicherheitschecks der Airports machtlos. Nicht zum ersten Mal hat ein Pilot die eigene Passagiermaschine entführt. Aber Entführungen durch Crew-Mitglieder sind selten.
Umso schmerzlicher: Ethiopian Airlines sind der Stolz Äthiopiens, das Symbol für den Aufbruch des einstigen „Hungerlandes“. Dessen Wirtschaft wächst so stark wie kaum eine andere in Afrika. Warum sich jetzt der Co-Pilot im Cockpit einschloss, als der Kapitän zu Toilette musste, und die Maschine nach Genf statt nach Rom steuerte, gibt Rätsel auf. Zumal er wohl selbst per Notruf auf seine Aktion aufmerksam machte. Per Funk verlangte er vom Tower in Genf die Zusicherung, nicht an Äthiopien ausgeliefert zu werden. Er sei dort bedroht.
Nach der Landung öffnete der Co-Pilot ein Kabinenfenster und ließ sich an einem Seil in die Arme von Polizisten hinabgleiten. Dabei hätte er nach einer Landung in Rom Asyl beantragen können. In den meisten Medien wurde auf den Bericht der Organisation Human Rights Watch (HRW) zur Lage in Äthiopien vom Oktober 2013 verwiesen. Darin heißt es, die Polizei foltere Oppositionelle. In der Schweiz drohen dem Entführer bis zu 20 Jahre Haft.