Der Gigolo entschuldigt sich
Helg Sgarbi, der Klatten-Erpresser, bedauert zum Prozessauftakt „das Vorgefallene zutiefst“.
München. Alle Augen sind auf ihn gerichtet, alle wollen nur eins herausfinden: Was ist dran an diesem Mann? Im dunkelblauen Anzug mit Weste und hellblau getupfter Krawatte sitzt Helg Sgarbi auf der Anklagebank im großen Sitzungssaal des Landgerichts München I. Ein rassiger Don Juan ist das nicht. Aber vielleicht ein einfühlsamer Gigolo?
Immerhin erspart der 44-Jährige mit einem Geständnis seiner Ex-Geliebten Susanne Klatten und anderen Opfern peinliche Zeugenauftritte. Weil er aber auch über den Verbleib seiner Beute beharrlich schweigt, mildert das die Strafe nur ein wenig. Sgarbi gibt sich in seinen wenigen Worten vor Gericht als feiner Gentleman und erhebt sich zu einer persönlichen Erklärung: "Ich bedauere das Vorgefallene zutiefst und entschuldige mich hier in der Hauptverhandlung und in aller Öffentlichkeit bei den geschädigten Damen."
Einige weibliche Gerichtsbesucher empfinden Sgarbi als erstaunlich gelassen. Sie sind nur gekommen, um einen Blick auf den Mann zu werfen, dem Deutschlands reichste Frau erlegen war. Die Verteidigungsstrategie des Schweizers und seines betagten Frankfurter Rechtsanwalts Egon Geis baut auf den "Damen" auf.
Zu Prozessbeginn drängt Geis mit Erfolg darauf, dass der Staatsanwalt beim Verlesen der Anklageschrift nur den bereits bekannten Namen Klatten als Opfer benennt. Die Namen der drei anderen Frauen, die Sgarbi ähnlich dreist ausgenommen hat, werden anonymisiert. Sein Kollege Till Gontersweiler aus Zürich führt an: "In der Schweiz ist einfache Lüge kein Betrug."
In dem nicht mal vierstündigen Prozesses kommt Susanne Klatten allerdings nicht ganz ohne Peinlichkeiten davon. Es wird klar, wie leicht er sieben Millionen Euro von ihr bekommen hat. Er erzählte ihr und den anderen Frauen, er habe einen Unfall verursacht und dabei ein Kind schwer verletzt. Klatten wies ihn zunächst ab. "Darum wirst Du Dich selbst kümmern müssen", sagte sie laut den in der Verhandlung zitierten Aussageprotokollen. Er machte aber Druck: "Nach allem, was wir hatten, lässt Du mich jetzt im Stich."
Das saß. "Ich warf mir vor, einen Menschen im Stich gelassen zu haben, der mir besonders nahe war", gab die Milliardärin und dreifache Mutter später bei der Polizei an. Und sie wurde weich: Ein Fahrer brachte ihr 14 000 Geldscheine à 500 Euro, die sie ihm in einem Umzugskarton in der Tiefgarage eines Hotels überreichte. "Ich hatte da nichts überprüft. Ich hatte mich auf sein Wort verlassen." Doch als er sie erpresste, zeigte sie ihn an.
Die Ermittler vermuten, dass das Geld an die Sekte von Ernano Barretta ging, der auch Sgarbis Ehefrau Gabriela angehören soll. Mit ihr hat er eine dreijährige Tochter - neben den geschäftlichen Liaisons gibt es offenbar auch eine echte Liebe im Leben des Betrügers. Seine Ehefrau sei "einzigartig", ruft er von der Anklagebank italienischen Journalisten zu. Frauen wie sie gebe es nur selten, sagt er und lächelt charmant.