Kinderarmut steigt in der Wirtschaftskrise dramatisch
Der Kinderschutzbund schlägt Alarm: In 20 Jahren könnte jeder zweite Minderjährige sozial schwach sein.
Düsseldorf. Die größte Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren wird die junge deutsche Generation mit voller Wucht treffen. Das prognostizierte gestern Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.
Nach seiner Befürchtung könnte es in 20 Jahren nur noch zehn Millionen Kinder geben, die Hälfte davon in sozialschwachen Familien. "Das ist eine Katastrophe, auf die eigentlich alle Ökonomen aufgebracht reagieren müssten", sagte Hilgers.
Er kritisierte die Konjunkturpakete der Bundesregierung. Die Politik investiere mit Blick auf Kinder und ihre Bildung "nur in Steine". Hilgers: "Schulbauten und Kindergärten werden durch das Konjunkturprogramm gefördert, aber wir brauchen mehr Investitionen in Menschen."
Neben der Wirtschaftkrise sei die demografische Entwicklung für die drastisch zunehmende Kinderarmut verantwortlich, sagte Hilgers. Die meisten Kinder würden "in armen Stadtteilen" geboren, dagegen sänken die Geburtenzahlen in bürgerlichen Gebieten.
Den Schwund belegen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Danach brach die Zahl der Neugeborenen im Oktober und November 2008 gegenüber den Vorjahresmonaten jeweils um knapp 12 Prozent ein. Noch im Februar hatte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) behauptet, in Deutschland würden wieder mehr Babys geboren.
Die nordrein-westfälische SPD fordert, die Kinderarmut durch eine Reform des Hartz-IV-Systems zu bekämpfen. Landeschefin Hannelore Kraft schlägt vor, armen Kindern wieder wie vor Inkrafttreten der Hartz-IV-Gesetze bedarfsgerechte Beihilfen im Form von Kleidung und Schulsachen zu gewähren statt Pauschalen zu zahlen. "Ich habe als Mutter selbst erlebt, dass ein Kind in wenigen Wochen aus zwei Schuhgrößen rauswächst", sagte Kraft. "Da kommt man nicht klar, wenn der Hartz-IV-Regelsatz für Schuhe von Kindern bis 13Jahre bei 4,48Euro im Monat liegt."