Der Herr über 100 000 Ameisen

Martin Sebesta verkauft die Insekten über das Internet. In seinem Berliner Geschäft leben 20 000 Kolonien.

Düsseldorf/Berlin. Er teilt sich seinen Arbeitsplatz mit rund 100 000 Ameisen. Doch statt den Schädlingsbekämpfer zu alarmieren, ist der 37-jährige Martin Sebesta darauf bedacht, immer mehr Mitbewohner auf einer Fabriketage in Berlin-Steglitz heranzuziehen. Der Unternehmer verdient mit dem Verkauf von Ameisen sein Geld. Und das Geschäft läuft gut.

„Wir sind weltweit der größte Anbieter“, erzählt Sebesta. Als er sein ungewöhnliches Gewerbe im Jahr 2000 anmeldete, sei er sogar der einzige gewesen. „Damals koordinierte ich den Verkauf von zu Hause aus“, erinnert er sich.

Da kam es regelmäßig vor, dass ein Zoodirektor vor der Tür stand. Drei Jahre später eröffnete er das erste Ladengeschäft. 2010 folgte dann eine ganze Fabriketage mit 1000 Quadratmetern. Zehn Angestellte kümmern sich um bis zu 20 000 Kolonien.

Aber wie kam er auf die Geschäftsidee? „Schon als Kind fand ich die Tiere einfach spannend.“ Mittlerweile gehören Zoos, Filmteams, Privatpersonen und Pharmafirmen zu seinen Kunden. Neuerdings wollen sich immer mehr Werbeagenturen ein Ameisenvolk im Terrarium ins Büro stellen. „Das liegt daran, dass die Ameise für Fleiß und Mobilität steht“, erklärt sich der 37-Jährige den Ameisenboom in der Werbebranche.

Bestellen können die Kunden die kleinen Krabbler im Internet — verschickt werden sie einfach mit der Post. In Kunststoffröhrchen gehen die Ameisen auf die Reise. Mit dabei ein Wattebausch mit Nährlösung und ein Mini-Wassertank.

Sebesta selbst kauft seine Königinnen — die Basis jeder Kolonie — weltweit ein: Asien, Südamerika, Afrika. Deshalb will er auch nicht „Ameisenzüchter“ genannt werden. „Ich ziehe Kolonien heran. Die Königin kommt bereits begattet bei mir an. Deshalb bin ich kein Züchter.“

100 bis 200 verschiedene Arten hat Sebesta im Angebot — je nach Jahreszeit. Was bei anderen Tieren eine enorme Bandbreite bedeuten würde, ist bei Ameisen ein Klacks. Weltweit gibt es rund 16 000 verschiedene Ameisenarten.

Beliebt und auch für Einsteiger geeignet ist die schwarze Wegameise. Die krabbelt auch durch den heimischen Garten und bildet im Sommer die unbeliebten „Straßen“ durch die Küche, wenn etwas Süßes lockt. Doch einfach einfangen und ins Terrarium setzen geht nicht. „Ein Volk braucht zum Überleben seine Königin“, erklärt Sebes- ta. Und da sie nicht mit auf Futtersuche geht, sondern im Bau bleibt, ist sie nicht so einfach aufzuspüren.

Bei Martin Sebesta zu Hause wohnt übrigens kein Volk mehr. 100 000 Ameisen im Büro reichen ja auch vollkommen aus.