Dieter Pfaff - der Menschenversteher

Dieter Pfaff hat lange gebraucht, um Schauspieler zu werden. Irgendwann wollte er nicht mehr nur der nette Dicke sein.

Hamburg. „Der Krebs ist weg“, hat Dieter Pfaff vor nicht einmal einem Monat gesagt. Er fühle sich nach Chemotherapie und Bestrahlung noch schlapp, wollte aber im März in die Dreharbeiten seiner ARD-Serie „Der Dicke“ einsteigen. Es ist anders gekommen. Am Dienstag ist Pfaff in Hamburg gestorben.

Man kann darüber rätseln, ob der Schauspieler seine optimistische Prognose selbst geglaubt hat. Dieter Pfaff war eigentlich ein Skeptiker, der sich vorsichtig herantastete — und doch auf das Gute im Leben und in den Menschen vertraute.

Er hat ein Lehramtsstudium abgebrochen, als Dramaturg an verschiedenen Theatern gearbeitet und es damit zum Professor für Schauspiel in Graz gebracht. Mit 35 Jahren wollte er dann Schauspieler werden. „Ich hab mich vorher nicht getraut“, sagte der gebürtige Dortmunder.

Ihm selbst war lange nicht bewusst, dass man ihn gar nicht übersehen kann — und das nicht etwa wegen der stattlichen Figur. Denn Pfaff brauchte die dickere Außenhaut, um die zarte Seele zu schützen.

Die Fernsehleute haben ihn natürlich erst mal als lustiges Moppelchen besetzt, als Polizisten Otto Schatzschneider in der ARD-Serie „Der Fahnder“. Pfaff hat aus der Nebenrolle dieses ewigen Schnäppchenjägers einen liebenswerten Charakter gemacht — das Publikum hat das sofort begriffen und war ihm von da an zugetan.

Und das hat er genutzt, denn Pfaff wollte mehr sein als der nette Dicke und mehr als nur spielen. Dem früher politisch aktiven 68er lagen die Menschen am Herzen, vor allem die, die aus dem Raster fallen. Insbesondere in seinen Reihen „Sperling“ und „Bloch“ hat er sich gegen den im Fernsehen üblichen Brei des Eindimensionalen durchgesetzt. Er hat regelmäßig die Abgründe abgeschnüffelt, die ein Täter ihm offenbart, die aber in jedem von uns warten können.

Weder bei seinem Berliner Kommissar Sperling noch bei seinem Psychologen mit Landhaus gab es eine scharfkantige Trennung in Schwarz und Weiß, stattdessen Wohlwollen für die Graustufen und Sympathie für die, die anders ticken, die schwach und ungeliebt sind.

In vielen seiner Rollen, die er zunehmend selbst schrieb, wälzte er sich schlaflos im Bett — Verständnis für die Gestrauchelten kommt eben nicht von selbst, sondern bedeutet beharrliche Arbeit. Dieter Pfaff hat das als seinen Lebensauftrag betrachtet, den er mit perfektionistischem Anspruch verfolgte. Dahinter war er als bescheidener Mensch zu erahnen, der in seiner Freizeit gern Rockmusik machte.