Der Knatsch zum 70. Geburtstag
Königin Sofia von Spanien ist allseits beliebt. Nun sorgt sie aber für Empörung, weil sie über Schwule lästert.
Madrid. Jahrzehntelang hatte die spanische Königin Sofia ihre repräsentativen Pflichten mustergültig erfüllt. Nie sind ihr auf diplomatischem Parkett irgendwelche Schnitzer unterlaufen. Doch ausgerechnet zu ihrem 70.Geburtstag am Sonntag sorgt Sofia für kräftigen Wirbel.
In einer soeben veröffentlichten Biografie spricht sich die Königin gegen die in Spanien erlaubte Homo-Ehe, gegen die Abtreibung und gegen Frauenquoten in der Politik aus. Damit löste sie heftige Proteste von Schwulen- und Frauenverbänden aus. Auch die konservative Opposition äußerte Kritik.
Sie habe nichts dagegen, dass Homosexuelle zusammenlebten oder heirateten, so Sofia, "aber dies darf man nicht als Ehe bezeichnen." Auch bunten Schwulenparaden kann sie nichts abgewinnen.
"Ich kann verstehen, akzeptieren, und respektieren, dass es Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung gibt. Aber sollen sie darauf stolz sein? Sollen sie deshalb auf Wagen steigen und Umzüge abhalten?", wird die Königin zitiert. "Wenn wir alle, die wir keine Gays sind, auf Kundgebungen durch die Straßen zögen, bräche der Verkehr zusammen."
Die bislang allseits beliebte Königin steht damit erstmals in der Kritik. Die Zeitung "Público" titelte: "Warum hat sie nicht die Klappe gehalten?" Die Zeitung "El Mundo" hielt ihr ein antiquiertes Weltbild vor.
Das Königshaus gab ein ziemlich weiches Dementi heraus: Die in einer "privaten Unterhaltung" gefallenen Sätze entsprächen "nicht mit Exaktheit den Meinungen ihrer Majestät". Die Autorin Pilar Urbano wies den Vorwurf zurück und sagte, ihr Buch "La Reina muy de cerca" (Die Königin ganz nah) sei sogar vom Königshaus gegengelesen worden.
Niemand weiß, warum Sofia von der Linie abgewichen ist, dass sich Mitglieder der königlichen Familie nicht öffentlich zu Themen der Tagespolitik äußern. Sie gehen traditionell nicht einmal zur Wahl, um ihre politische Neutralität zu wahren.
"El Mundo" meint: "Dieser Anflug von königlicher Aufrichtigkeit mag menschlich sein. Aber es hätte bessere Wege gegeben, zum Geburtstag von Doña Sofía die Krone den Spaniern näher zu bringen."
Als die Urenkelin des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. im Mai 1962 den damaligen spanischen Prinzen Juan Carlos heiratete, konnte sie nicht darauf zählen, einmal Königin zu werden. In Spanien herrschte die Franco-Diktatur (1939 bis 1975). Nach dem Tod des Diktators und der Krönung von Juan Carlos erlebte Sofía die schwere Zeit des Übergangs zur Demokratie mit.
In der Nacht des 23. Februar 1981, als die junge spanische Demokratie an einem Putschversuch zu zerbrechen drohte, soll Sofia den König darin bestärkt haben, den aufständischen Militärs die Stirn zu bieten.
Dabei dürften auch die Erfahrungen eine Rolle gespielt haben, die ihre Familie in Griechenland gemacht hatte: Sofias Bruder Konstantin hatte 1967 als griechischer König beim Putsch der Militärs versucht zu taktieren. Damit brachte er sich um den Thron und die Sympathien der Griechen.
Seit die Kinder - Kronprinz Felipe (40) sowie die Infantinnen Elena (44) und Cristina (43) - aus dem Haus sind, hat Sofia eine neue Aufgabe. Sie reist unabhängig von Juan Carlos ins Ausland und fördert Projekte der Entwicklungshilfe. Ihre Rolle definierte die Königin einmal so. "Alles, was ich möchte, ist: mich nützlich machen."